Die Mailingliste Umweltbildung der Clearingstelle

Die Mailingliste Umweltbildung wurde im Kontext der Clearingstelle Umweltbildung 1997 mit dem Ziel installiert, für UmweltpädagogInnen (Planende und Durchführende) der außerschulischen Umweltbildung, für MultiplikatorInnen des Umweltthemas und für interessiere WissenschaftlerInnen/StudentInnen ein Diskussionsforum zu aktuellen theoretischen und praktischen Fragen der Umweltbildung bereitzustellen. Die Liste wurde bei Aktivitäten der Clearingstelle und in Publikationen bekannt gemacht. Viele Teilnehmende sind bei ihrer Internetrecherche über die Homepage der Clearingstelle auf die Liste gestoßen. Dort gibt es auch unter der Sparte "Kommunikation" eine Seite, auf der alle Teilnehmenden mit Name, e-Mail, Interessensschwerpunkten und Einrichtung beschrieben sind. Wie die folgende Abbildung zeigt, ist im ersten Halbjahr ein überproportionaler Zuwachs und dann folgend ein fast linearer Zuwachs an Teilnehmenden erfolgt.

Der Anspruch, ein reines Diskussionsforum zu erstellen, ließ sich trotz wiederholter Interventionen des Moderators nicht realisieren. Wie die Grafik der Diskussionsfrequenz zeigt, dominieren im ersten Jahr (1997) die Statements des Moderators, d.h. hier handelt es sich um eine Informationsliste mit gelegentlichen Rückmeldungen und Eigenbeiträgen der teilnehmenden Leserschaft.

1998 wächst die Zahl der Mitglieder von 60 auf 100 an, womit die Teilnehmerbeiträge relativ zunehmen, so daß dem Moderator mehr Anstoßfunktion zukommt. Die Kommunikationsspitzen sind das Ergebnis von Kontroversen. Es gilt die Regel, daß ein nüchterner, sachlicher Beitrag kommentarlos zur Kenntnis genommen wird, während emotional eingefärbte, mehr polemisch zuspitzende Aussagen heftige Debatten initiieren können. Die hohe Diskussionsfrequenz Ende 99 war dem Thema Multimedia geschuldet. Es gibt drei Aussagetypen:

Es liegt eine schwankende Beteiligung der TN vor. Z.B. hat es im März 1999 38 Statements gegeben, wobei 22 TN z.T. mehrfach aktiv wurden. Das entspricht einer Aktivitätsrate von 21%. Im Ferienmonat August 1999 gab es nur 11 Statements, wobei nur 5 TN (4%) aktiv wurden.

Während in vielen Mailinglisten (und insbesondere die verwandten Newsgroups) die Möglichkeit, zu Fachfragen gezielte Antworten zu erhalten, ein dominantes Element der Aktivität ist, scheint es in der Umweltbildungspraxis der Beteiligten wenig Frageanlässe zu geben. Die Frachfrage ist der am wenigsten genutzte Aussagetyp der Umweltbildungsliste.

Um einen genaueren Einblick in die Erwartungen und Einstellungen der Listenteilnehmenden zu erhalten, wurde im Juni 1999 eine Umfrage mit einem Internetformular durchgeführt. Zu 10 Fragen sollten sich die Teilnehmenden äußern, wobei nur Items anzuklicken waren und freie Textangaben optional waren. Von 115 Teilnehmenden antworteten 37, was einem Rücklauf von einem Drittel entspricht. Im Kontext von Umfrageerhebung kann der Rücklauf als recht befriedigend angesehen werden. Mit Hinblick auf den geringen Durchführungsaufwand dieser Internetbefragung zeigt die Zurückhaltung von 2/3 der Teilnehmenden, daß es eine gewisse Aktivitätsscheue gibt. In Mailinglisten, in denen allgemein nur ein geringer Prozentsatz zu den aktiv Schreibenden gehört, dominiert offensichtlich mehr ein Leseverhalten. Mit dem Einschreibeakt legt man sich auf die Rolle des Abonementsempfanges fest. Die diesbezügliche Frage 8, "Falls Sie bislang mehr ein Leser (lurker) sind, welche Gründe hindern Sie an eigener Mailaktivität?" wurde wie folgt beantwortet:

Gleich häufig wird die mangelnde Zeit und der Glaube, daß die Probleme, die man hat, nicht in die Liste gehören, angegeben. Hemmungen zu haben, oder den Diskussionsstil nicht zu mögen, wird weniger genannt. Da die Antwortenden ja bereits zu den aktiveren zählen, darf das Ergebnis nicht verallgemeinert werden. Es gab bei dieser Frage auch ein optionales Feld für eine Freitextantwort, von der ca. 1/3 Gebrauch gemacht wurde, wobei unterschiedlich differenziert argumentiert wird. Wir vermuten, daß den Teilnehmenden selbst nicht ganz klar ist, weshalb sie weniger oder nicht aktiv sind, und daß sicher ein Bündel von Faktoren zu dieser Entscheidung führt.

Die Listenteilnehmenden kommen aus allen Bereichen der Umweltkommunikation. 30% sind Frauen. Die Antwortenden kommen aus folgenden Tätigkeitsbereichen:

Aus dem Antwortenrücklauf kann man etwas über die Lesehäufigkeit schließen. Bereits am Tag der Bekanntmachung (12. Juli) kamen 5 Antworten und am nächsten Tag 13 Antworten. In zwei Tagen war somit die knapp die Hälfte aller Antworten eingegangen. Nach dem 5. Tag kam nur noch pro Tag eine Rückmeldung. Ein gewisser Prozentsatz liest offensichtlich täglich die Mails.

In der Frage 3 wurde mit einem Ranking von 1 bis 7 nach der Zufriedenheit mit der Liste gefragt. Der gewichtete Mittelwert der Nennungen ist 4,62. D.h. der Zeiger ist leicht über dem Mittelwert der Zufriedenheitsskala. Die Grafik zeichnet die Nennungen dazu:

Die Frage 4 nach dem persönlichen Nutzen der Informationen fällt noch etwas kritischer aus. Das gewichtet Mittel ist 3,9 und liegt damit unter dem Mittelwert. Die Gesamteinschätzung interpretieren wir so, daß die Mailingliste nicht als der Renner angesehen wird, daß man sie aber doch für ein interessantes Experiment einschätzt, an dem man weiter teilnehmen möchte. Aus den freien Kommentaren zur Liste kommen ähnliche Einschätzungen, in denen auch der Wunsch nach Fortführung geäußert wird, so daß das Bild der quantitativen Befragung dadurch etwas verbessert wird.

Die Frage 6 untersucht den Bedarf nach dem Kommunikationstypus. Auf die Frage, was interessiert Sie am meisten, kamen folgende Nennungen:

Überwältigend viele wünschen sich das gesamte Kommunikationspaket. Bei denen, die es spezieller haben möchten, dominiert der Diskussionstypus. Das heißt, ein Online-Diskussionsbedarf ist durchaus gegeben, aber prinzipiell möchten die meisten eine Vielfalt von Argumentationstypen.

Die Frage 7 untersucht den Bedarf nach Themenfeldern:

Es ist sehr schade, daß wir in diesem Punkt nicht die Einschätzung von allen haben. Wenn man verallgemeinern darf, dann ist ein Orientierungswunsch zur Neubestimmung des Umweltbildungsbegriffes in Richtung "Nachhaltigkeitsbildung" offensichtlich am stärksten ausgeprägt. Gegenüber des relativ schlechten Rücklaufs unserer Multimedia-Umfrage und der geringen Resonanz auf Multimedia-Fortbildungsangebote ist das Interesse zur Information/Diskussion zu diesem Thema doch hoch. Während zur Agenda 21 der Dieskussionsbedarf nicht mehr so groß ist. Am schlechtesten steht das Interesse nach Bildungspolitik und mehr verbandsübergreifenden Fragen.

In der Frage 10 wurde nach der Moderationsqualität gefragt:

Offensichtlich sind die Meisten mit der bisherigen Moderationsart einverstanden. Etwas mehr Gestaltung wird von einigen gewünscht.

Als Frage 11 wurde optional um einen Kommentar gebeten. Davon haben die Hälfte der TN Gebrauch gemacht und dabei ein in der Regel recht positives Statement zur Existenz und zum Nutzen der Liste geäußert.

Fazit:

Auch ohne Umfrage wußten wir, daß die Liste wegen des stetigen Wachstums und der sehr geringen Abmeldungsrate bei den Teilnehmenden auf Interesse stößt. Aus der schwankenden Beteiligungsdichte war der Zufriedenheitsgrad schwer einzuschätzen und das, was die TN wünschen, war bei Moderationsanfragen bislang in der Regel nur sehr unzureichend beantwortet worden.

Die Antworten signalisieren ein Interesse an dieser Kommunikationsform und weisen inhaltlich auf eine gewisse Präferenz für theoretische Fragen zum Umweltbildungsbegriff, wobei aber ein offener Wunsch besteht, auch Informationen zu erhalten und Fachfragen stellen zu können. Als zweitwichtigstes Thema wird Multimedia genannt. Der bisherige Moderationsstil wird für akzeptabel gehalten.

Die Analyse des Kommunikationsstils und die Frage, wodurch Diskussionen seitens des Moderators initiiert werden können, bleibt einer qualitativen Analyse der Mailingstatements und vielleicht auch der Auswertung einiger Interviews mit Mailinglistenteilnehmenden vorbehalten. (Dazu wird vielleicht eine Marburger Studentin aktiv.)

Heino Apel, 14.9.1999