Interessante Entwicklungsperspektiven für die Stadtbücherei
Nutzerbefragung in der Stadtbücherei Stuttgart ausgewertet
(Mai 2000)

In einer an der Stadtbücherei Stuttgart durchgeführten Umfrage erklärten sich knapp 57% der Befragten dazu bereit, ihr eigenes Fachwissen den anderen Besuchern/innen zur Verfügung zu stellen. Besonders bemerkenswert ist diese Zahl im Hinblick auf den explizit geäußerten Wunsch nach einem direkten Austausch mit anderen (vorwiegend Experten). Hierin liegt eine Entwicklungsperspektive für die Stadtbücherei, denn für 84% der Befragten trifft die Beschreibung der Stadtbücherei als Kontaktbörse bislang eher nicht zu. Zu diesem Ergebnis kam die im Januar 2000 in der Stadtbücherei Stuttgart durchgeführte Nutzerbefragung im Rahmen des wissenschaftlichen Begleitprojekts des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE) "Entwicklung und Förderung innovativer Lernarrangements" (EFIL). Ziel der Nutzerbefragung war es, Informationen darüber zu erhalten, wie Besucher/innen die bisherigen Angebote und Leistungen der Stadtbücherei Stuttgart einschätzen und wie in Zukunft Menschen bei ihrem lebenslangen Lernprozess unterstützt werden können.

Insgesamt wurden ca. 550 Besucher/innen mit einem Fragebogen aus 30 Fragen zu den unterschiedlichen Aspekten (wie z.B. Einschätzung, Nutzungsursachen, Lernhilfen...) befragt. In der Auswertung interessierte besonders, ob sich die Bedürfnisse nach Bildung und Alter unterscheiden und welche Unterstützungsmaßnahmen die einzelnen Nutzerprofile erfordern.

Gemeinsam mit der Stadtbücherei werden nun die Informationen aus der Nutzerbefragung in neue Lernarrangements eingebracht, die in Form von Pilotprojekten in der Stadtbücherei installiert werden. Sie haben vor allem die Aufgabe, das veränderte Lernverhalten positiv zu unterstützen. Im "Lernatelier Sprachen" werden derzeit fremdsprachige Literaturreihen evaluiert, in Kooperation mit der Volkshochschule Stuttgart - zeitlich befristet - eine Medien- und Kursberatung für die Beschäftigung mit Fremdsprachen und fremdsprachiger Literatur angeboten und Möglichkeiten für den fachlichen Austausch der Besucher/innen untereinander geschaffen. Darüber hinaus werden zwei Lernateliers inhaltlich miteinander verknüpft. Im Rahmen der Ausstellung "Der Kunstgarten", einem Projekt aus dem Bereich der "Kunsträume", werden die Besucher/innen der Stadtbücherei zur Ausstellung und dem begleitenden Veranstaltungsprogramm befragt und das Kulturereignis "Bibliothek im Garten" wissenschaftlich begleitet. Mit den Ergebnissen aus diesen wissenschaftlichen Untersuchungen können Angebote in den evaluierten Kunsträumen noch besser auf die Bedürfnisse der Nutzer hin ausgearbeitet werden.

Als weitere Ergebnisse der Nutzerbefragung lassen sich folgende Merkmale als besonders herausragend beschreiben:

    1. Die Nutzer/innen der Stadtbücherei sind überdurchschnittlich jung und gebildet (nur 15% sind älter als 45 Jahre; 39% besitzen als letzten Bildungsabschluss eine (Fach)Hochschulreife, 30% einen (Fach)Hochschulabschluss).
    2. Die Besucher/innen bestehen hauptsächlich aus einem Stammpublikum (85,5% besitzen einen Leseausweis, 67% besuchen die Bibliothek mindestens mehrmals pro Monat).
    3. Die private mediale Ausstattung ist überdurchschnittlich gut (67% verfügen über einen regelmäßig benutzten Computer; 55% verfügen über einen Internetzugang).
    4. Inhaltliche und fachliche Beratung sind zentrale Wünsche der Besucher/innen. Das Angebot in diesen Bereichen wird als ausbaufähig angesehen. Auf persönliche Unterstützung sind besonders ältere Menschen und Menschen mit geringem Bildungsabschluss angewiesen.
    5. 75% besuchen die Stadtbücherei aus vorwiegend privatem Interesse. Nur 53% interessieren sich ausschließlich für das Thema. Wichtig ist die Anwendung auf eine Problemstellung.
    6. Die Präsentation und die Animation in der Stadtbücherei werden positiv bewertet (63,8% sind aufgrund der Präsentation auf Medien aufmerksam geworden, die sie eigentlich gar nicht gesucht haben; 38,7% kommen hauptsächlich in die Bibliothek, um sich umzusehen (jeweils Mehrfachnennungen möglich)).
    7. Es besteht ein Bedarf nach Arbeiten mit Hilfe technischer Ausstattung. Beachtenswert ist die Tatsache, dass das Alter und die Bildung den Wunsch nach dem Arbeiten mit dem PC nicht beeinflusst. Nutzung von Laptopanschlüssen, Internetzugang und Datenbankzugriff sind dagegen abhängig von Alter und Bildungsniveau.
    8. Obwohl der Wunsch nach traditionellen Medien vorherrscht, wünschen sich 45% auch die Möglichkeit, mit neuen Medien auf Informationen zugreifen zu können.
    9. Der bevorzugte Zugriffsort auf Lernmedien und Information ist zu Hause, dicht gefolgt von der Bibliothek. (74,5% würden gerne von zu Hause aus, 60,2% in der Stadtbücherei darauf zugreifen).

Als Konsequenz aus den Ergebnissen der Nutzerbefragung wird auch die Entwicklung der Stadtteilbüchereien näher untersucht werden. Der Vermutung, dass eine andere Besucherzusammensetzung dort zu einer veränderten inhaltlichen Konzeption führen müsse, soll durch weitere Befragungen nachgegangen werden.

 

Weitere Informationen:

Achim Puhl,
DIE-Projektbüro Neu-Ulm,
Robert-Stolz-Str. 21,
89231 Neu-Ulm,
Fon 0731/7254866,
Fax 0731/7254867,
E-Mail: puhl@die-frankfurt.de, oder

Richard Stang,
Fortbildung und Beratung,
Deutsches Institut für Erwachsenenbildung e.V.,
Hansaallee 150,
60320 Frankfurt/Main,
Fon 069/95626-126,
Fax 069/95626-174,
E-Mail: stang@die-frankfurt