Achim Puhl
In der Anfangsphase des Projektes EFIL war
die Generierung von zuverlässigen Informationen über die Nutzerinnen und
Nutzer der Stadtbücherei die zentrale Aufgabe. Nur mit einer Datenbasis
als Grundlage ließ sich einerseits die Einschätzung der bisherigen
Arbeit der Stadtbücherei zuverlässig abfragen, andererseits bildeten die
Daten die Basis für die Entwicklung neuer Angebote, die direkt an den
Anforderungen der Nutzer angepasst sein sollten. Letztendlich war für die
Stadtbücherei der Erhalt dieser Ergebnisse und damit der Beweis für die
praktische Bedeutsamkeit ihres inhaltlichen Ansatzes die grundlegende
Motivation am Projekt.
Vom 10. – 14.Januar 2000 wurde somit in
der Stadtbücherei Stuttgart eine Nutzerbefragung durchgeführt, die im
Ergebnis aus insgesamt 524 Datensätzen besteht. Jeder Datensatz besteht
dabei aus 30 Einzelfragen, die nochmals in meist mehrere Items unterteilt
sind.
Wie bereits eingangs dargestellt wurde,
sind der Hintergrund für die Entwicklungen innerhalb des Projekts
aktuelle Veränderungsprozesse im Lernverhalten (lebenslanges und
selbstgesteuertes Lernen). Für die Untersuchung bedeutete dies die
Notwendigkeit einer Generierung von Fragen, deren Ergebnisse möglichst
direkt Rückschlüsse auf zukünftige lernbegleitende Maßnahmen von
Kultur- und Bildungsinstitutionen zulassen würden. Neben diesen am
Lernprozess orientierten Fragen waren auch Informationen hinsichtlich der
Nutzergewohnheiten, der Serviceanforderungen und der generellen
Einschätzung der Stadtbücherei von Interesse.
Die Befragung konzentrierte sich also auch
auf Themenbereiche, die generell im Rahmen der zukünftigen
Organisationsentwicklung der Stadtbücherei von Bedeutung sind.
Letztendlich wurden auch soziodemographische Daten erhoben, um im Rahmen
der Korrelationsbildung von Teilfragen Informationen zu erhalten, in
wieweit sich die Bedürfnisse durch Bildung und Alter unterscheiden und
welche Unterstützungsmaßnahmen die einzelnen Nutzerprofile erfordern.
Das grundsätzliche Problem dieser Befragung ist – und dies zeigt sich
auch in anschließenden Untersuchungen –, dass nur tendenziell eine
Entwicklungsrichtung festgestellt werden kann. Bei allen Interpretationen
muss auf die Tatsache Rücksicht genommen werden, dass sich die
Vorstellungen und Visionen der Nutzer primär an den Erfahrungen
ausrichten, welche bereits gemacht wurden. Deshalb ist eine direkte
Ableitung von inhaltlichen Umsetzungen aus der Befragung nur bedingt
möglich. Dennoch können Rückschlüsse gezogen werden, welche
lernbegleitenden Hilfen wahrscheinlich sinnvoll sind. In meinem folgenden
Beitrag „Lernateliers – ein neuer Typus" wird deutlich, dass auch
hier aus Versuch und Irrtum gelernt werden muss.
Ergebnisse
Bevor ich die wichtigsten Ergebnisse
vorstelle, erscheint es sinnvoll, auf die Risiken einer Übertragung auf
andere Institutionen hinzuweisen. Die Stadtbücherei Stuttgart, in der die
Untersuchung durchgeführt wurde, ist eine Zentralbücherei mit einer
großen Anzahl von weiteren Stadtteilbüchereien im Stadtgebiet. Diese
Stadtteilbüchereien übernehmen einen großen Teil der öffentlichen
Versorgung mit Medien, weshalb die Stadtbücherei ein großstädtisches
Nutzerprofil besitzt (siehe auch im Anschluss). Bei der Übertragung (und
damit der Verallgemeinerung) der Ergebnisse muss auf diese Tatsache
Rücksicht genommen werden. Bei der Vorstellung der Ergebnisse nehme ich
also explizit Bezug auf den situativen Kontext in Stuttgart und stelle
ausschließlich allgemeine Trends heraus, die dann eine Handlungsgrundlage
für andere Bibliotheken bieten könnten.
Wahrnehmung und Wahrnehmer
Das Empfinden der Atmosphäre der
Stadtbücherei lässt einen direkten Rückschluss auf die
Nutzungszuschreibung zu. Es ist Ausdruck der Sichtweise (und damit ein
Spiegel der Arbeit der Institution), aber es zeigt auch die Anforderungen,
die an die Bücherei gestellt werden. Die Frage nach der Einschätzung der
Atmosphäre der Stadtbücherei stand also nicht zufällig an erster
Stelle.
Für die Besucher wird die Atmosphäre
vornehmlich durch die Begriffe „Wissenstempel" und „Anregungsraum",
in etwas geringerem Maße durch den Begriff „Servicezentrum"
repräsentiert. Der Begriff der „Kontaktbörse" trifft die
Einschätzung nur sehr selten. Besonders die Wahrnehmung der
Stadtbücherei als „Anregungsraum" ist positiv zu bewerten, da
dies, wie auch aus dem Beitrag von Frau Jouly deutlich wurde, der Anspruch
an das Selbstverständnis der eigenen Arbeit ist. Wie weit dieses „sich
anregen lassen" bereits in der Motivation für den Besuch der
Stadtbücherei verankert ist zeigt die Tatsache, dass immerhin knapp 40%
der Befragten als Grund für ihren Besuch als Antwort „ich schaue mich
um" angaben.
Auffällig ist die Tatsache, dass die
meisten Nutzer die Stadtbücherei nicht als Kontaktbörse sehen. Dies
liegt mit Sicherheit an den nicht ausreichenden räumlichen
Möglichkeiten. Es liegt aber auch an den nur rudimentär vorhandenen
Arrangements, die einen kommunikativen Austausch unter den Nutzern
unterstützen sollten und könnten. Besonders im Hinblick auf die
Notwendigkeit einer sozialen Integration von unterschiedlichen Menschen
mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Bildungsnotwendigkeiten erscheint
hier eine Entwicklungsperspektive möglich zu sein. Wie auch aus dem
Beitrag von Prof. Dohmen zum kulturellen Bildungs- und Medienzentrum
deutlich wurde, ist besonders der Austausch zwischen Menschen und damit
als eine Voraussetzung das Anbieten von Möglichkeiten miteinander in
Kontakt zu treten, eine zentrale Aufgabe für die Kulturzentren der
Zukunft.
Wie unterscheiden sich nun diese Menschen
voneinander, die eine Bibliothek in so unterschiedlichem Maße wahrnehmen?
Menschen, die dem Begriff „Wissenstempel" zustimmen, benötigen
mehr als die anderen einen Datenbankzugriff und einen Computer. Der Grund
ihres Besuchs ist öfters das Lesen. Diejenigen, die dem Begriff „Anregungsraum"
positiv gegenüberstehen benötigen eher möglichst viele Medien und
zugleich „Menschen die Bescheid wissen". Auch für diese Gruppe ist
der Grund ihres Besuchs öfters das Lesen, sie schauen sich aber auch
öfters einfach um. Die Gruppe der Befürworter des „Servicezentrums"
benötigen weniger als zu erwarten Essen und Trinken, dafür mehr als zu
erwarten Laptopanschlüsse. Die Notwendigkeit von Laptopanschlüssen
korreliert auch mit dem Bildungsabschluss. Je besser die Bildung, um so
größer der Wunsch nach Laptopanschlüssen.
Ein zweite Bestätigung des Ziels, Menschen
zu Neuem anzuregen, zeigt sich in der Angabe von 74,5% der Besucher, schon
öfters etwas entdeckt zu haben, was sie eigentlich nicht gesucht haben.
Dabei werden die Medien in fast gleichem Maße ~65% zufällig, oder
aufgrund von Präsentationen entdeckt, in geringem Maße durch
Ausstellungen (16,5%) und in nur sehr geringem Maße aufgrund von
Vorträgen (3,7%). Diese geringe Zahl der Anregungen durch Ausstellungen
und Vorträge muss jedoch im Kontext zu der tatsächlichen Anzahl der
Besucher /-innen gesehen werden, die auch tatsächlich bei Vorträgen war,
oder sich Ausstellungen angesehen haben. Da eine derartige Datenbasis
nicht vorliegt, werden speziell Vorträge, aber auch Ausstellungen
gesondert untersucht. Dabei soll in Erfahrung gebracht werden, ob sich die
Besucher dieser Art von Angeboten mit dem Durchschnitt der Besucher der
Stadtbücherei decken.
Wer braucht was wo?
Während sich die ersten beiden
vorgestellten Fragenkomplexe mit der Einschätzung der Arbeit der
Stadtbücherei beschäftigen, ist der Hintergrund der nächsten Frage, in
welcher Umgebung der Zugriff auf Medien am meisten Spaß machen würde.
Dahinter steht auch die Frage, in wieweit andere Serviceangebote, wie zum
Beispiel Internetpräsenz, Lieferservice für Medien, oder
Expertenberatung auf eine zukünftige Verwertbarkeit hin eingeschätzt
werden können.
74,5% wählten „Zu Hause" als
primären Ort, mit 60,2% gefolgt von der „Bibliothek", an dem sie
am liebsten auf die Medien der Stadtbücherei zugreifen würden. 29,2%
würden dies am liebsten „im Café" und je ca. 12,5% „im
Büro" beziehungsweise „unterwegs" tun. Die Dominanz des
eigenen Heims weist auf die Notwendigkeit hin, den Zugriff zu Medien
speziell dort anzubieten, beziehungsweise die Zugriffsmöglichkeiten
auszubauen. Durch die möglichen Mehrfachnennungen zeigt sich aber auch,
dass der Zugriffsort nicht ausschließlich zu Hause ist, sondern auch
andere Orte eine wichtige Rolle spielen. Scheinbar ist der
Motivationsgrund für die Auswahl auch im sozialen Kontakt und im Bereich
der Anregung angesiedelt.
Zusätzlich sollten Medien auch an Orten
vorfindbar sein, an denen sie im beruflichen Kontext tatsächlich
benötigt werden, wobei - möglicherweise bedingt durch die besonders im
Stuttgarter Raum zahlreichen Pendler - auch auf Reisen die Präsenz von
Medien erwünscht ist.
In diesem Zusammenhang war die
Korrelationsbildung zwischen dem bevorzugten Lernort und der Frage
interessant, wie die Nutzer sich am liebsten mit dem Thema, das sie
momentan interessiert, beschäftigen würden. Nutzer, die gerne auf die
Medien vom Büro aus zugreifen würden, benötigen demnach einen Experten
als Ansprechpartner überproportional häufig. Interessanterweise würde
sich diese Gruppe auch lieber, als durchschnittlich angegeben, in einer
Gruppe mit dem Thema auseinandersetzen. Die Nutzer, die gerne zu Hause auf
die Medien zugreifen würden, wünschen sich dagegen im geringeren Maße
„sehr gerne" eine Gruppe zum Austausch. Diejenigen mit dem
bevorzugten Zugriffsort „Bibliothek" möchten sich
überproportional häufig Medien zum Thema ausleihen.
Da die Vorlieben sich also an den
jeweiligen Orten unterscheiden, muss bei der zukünftigen Planung der
Serviceangebote auf diese Bedürfnislage eingegangen werden. Speziell ist
dies für die Expertenauskunft und für themenspezifische
Diskussionsgruppen von Bedeutung.
Eng zusammen hängt die Frage nach der
bevorzugten Auseinandersetzung mit einem weiteren Merkmal, der Frage, was
die Nutzer für eine optimale Lernumgebung benötigen. Erwartungsgemäß
benötigen die Befürworter des Cafés Essen und Trinken in größerem
Maße, Ruhe dagegen in geringerem Maße. Diejenigen, welche die Bibliothek
bevorzugen, brauchen hingegen kulinarische Angebote in durchweg geringerem
Maße. Nutzer mit dem bevorzugten Zugriffsort „Zu Hause" benötigen
den Computer eher nicht. Auch benötigen sie seltener Menschen, die
Bescheid wissen. Befürworter des Zugriffsortes „Bibliothek"
benötigen einen Datenbankzugriff in größerem Maße. Auch haben sie ein
größeres Bedürfnis nach vielen Medien.
Was sollen wir Ihnen bieten?
Wie gut ist eigentlich die traditionelle
Arbeit der Stadtbücherei? Dieser Bereich wurde mit zwei eng miteinander
verbundenen Fragen „Finden Sie normalerweise, was Sie suchen?" und
„Sind die von der Bibliothek angebotenen Hilfen dazu normalerweise
ausreichend?" untersucht. Beide Fragen wurden dabei mit jeweils mit
ca. 75% bejaht. Von Interesse war, was ein Viertel der Besucher /-innen
davon abhielt, diese Fragen zu bejahen. In Freifeldern wurde die
Möglichkeit bereit gestellt, die Kritik zu konkretisieren. Diese richtete
sich vor allem an folgende Bereiche: „Zu alter Bestand, oft ausgeliehen,
zu wenig übersichtlich, zu spezielle Wünsche, zu kompliziertes
Suchsystem". Auf die Hilfe von Mitarbeiterinnen sind vor allem
Ältere, wie auch Menschen mit Hauptschulabschluss angewiesen. Besonders
auch, da diese Gruppen Schwierigkeiten im Umgang mit dem OPAC
(elektronisches Suchsystem) haben.
Am liebsten lernen die Besucher /-innen
alleine (58,4%), in der Kleingruppe lernen am liebsten 26%, mit mehr als 5
Personen nur 2,2%. Dabei steht der Wunsch, Medien zu entleihen an erster
Stelle. Unterstützung würden ca. 70% gerne durch Experten, oder einen
Vortrag erfahren. Dennoch sind themenbezogene Einzelveranstaltungen im
Vergleich zu Recherche- und Informationsdienstleistungen, wie auch zu
Einzelberatung von weitaus geringerer Bedeutung.
Die Erwartungen an die Mitarbeiter/innen
sind vor allem durch die Anforderungen „Fachwissen" und „Medienberatung"
charakterisierbar. Menschen mit einem Hauptschulabschluss erwarten
Fachwissen dabei in geringerem Maße, Besucher/innen ohne Abschluss
(vorwiegend Schüler/innen) im überproportionalem Ausmaß.
Zu knapp 40% besteht der Wunsch nach
Anregung, zu 30,5% nach Sammlung und Bündelung von Informationen. Es
besteht dabei eine Korrelation zwischen dem Alter und der Erwartung,
Informationen zu sammeln, sowie der Bildung und dieser Erwartung. Eine
überdurchschnittlich hohe Erwartung in diesem Punkt haben
Universitätsabsolventen/innen, 25-35jährige und 45-55jährige. Eine
überdurchschnittlich geringe Erwartung haben Nutzer/innen mit Mittlerer
Reife und ohne Abschluss, sowie Nutzer/innen ab 55 und unter 25.
Hilfeleistungen im Bereich des Lernens scheinen die Nutzer/innen nicht in
dem Maße zu erwarten.
Nur ca. 40% benötigen eher eine Lern-, oder eine Kursberatung.
Möglicherweise ist „Lernen" in der Vorstellung der Nutzer/innen
(noch) mehr mit traditionellen Bildungsinstitutionen verbunden.
Individuelle, situationsbezogene Hilfe auf Anfrage scheint also die
dringendste Notwendigkeit im Wissensprozess, oder zumindest die
dringlichste Anforderung an die Bibliothek zu sein. In diesem Kontext ist
die Bereitschaft von 57% der Nutzer/innen erwähnenswert, ihr eigenes
Expertenwissen anderen zur Verfügung zu stellen. Diese Tatsache bietet
die Möglichkeit eines aktiven Beitrags zur Wissensgesellschaft, die sich
zu Teilen aus dem bürgerlichen Engagement der Selbsthilfe in der
Bevölkerung speisen könnte.
Für eine optimale Lernumgebung brauchen
die Besucher/innen vor allem Ruhe und möglichst viele Medien, gefolgt von
Menschen, die Bescheid wissen und einem Datenbankzugriff auf die
Bücherei. Essen und Trinken wird in der Gesamtheit kaum gewünscht, doch
speziell von jungen Besuchern/innen in einem hohen Maße. Elektronisches
Equipment wird zu über 60% eher gewünscht. Dies betrifft vor allem
Computer und Internetanschlüsse. Dabei ist der Wunsch nach Computern
unabhängig vom Alter, nicht jedoch der Wunsch nach Internetanschlüssen.
Diese Tatsache weist auf eine mögliche Entwicklung hin, dass in Zukunft
eine große Selbstverständlichkeit im Umgang mit neuen Medien
vorherrschen wird, die in der Arbeit der Bibliotheken einen festen Platz
einnehmen werden. Dies zeigt sich auch an dem Ergebnis, dass zwar fast
alle Besucher/innen Bücher und Zeitschriften in der traditionellen Form
vorfinden möchten, dennoch knapp 50% auch als CD-ROM, oder im Internet.
Dies mag unter anderem an der großstädtischen Nutzerstruktur liegen.
Immerhin gibt es im Haushalt von 67% der Nutzer/innen einen Computer, den
sie regelmäßig nutzen, 55,3% haben in der Arbeit oder zu Hause einen
Internetzugang.
Warum kommen Sie zu uns?
Als Veranlassung für den Besuch der
Stadtbücherei gaben 77% das private Interesse an. Je ca. 20% nutzen sie
aus Gründen der beruflichen Weiterqualifizierung, beziehungsweise aus
Veranlassung des Betriebs, oder der Schule. Im Selbstverständnis der
Besucher/innen scheint die Stadtbibliothek nicht das Réputé eines
Lernortes im erweiterten Sinn zu haben.
Wie unterscheiden sich nun die Bedürfnisse
in Abhängigkeit zur Veranlassung? Beruflich motivierte benötigen eine
Informationsdienstleistung zu 65%, privat motivierte zu 55% und
fremdmotivierte (Schule / Betrieb) nur zu 46%. Einen Recherchedienst
benötigen fremd- und privat motivierte zu je 49%, beruflich motivierte
dagegen zu 64%. Privat motivierte benötigen die Vermittlung von
Lehrkräften im Vergleich zu den anderen Motivationen
unterdurchschnittlich. Fremdmotivierte benötigen sie
überdurchschnittlich häufig.
Fremdmotivierte besuchen die Bibliothek am seltensten. 10% besuchen sie
weniger als einmal / Jahr (sonst 1-3%). Privat motivierte besuchen die
Bibliothek am häufigsten, vor allem in der Kategorie der Kategorie
mehrmals / Woche.
Besuchsgrund und soziodemographische
Merkmale
Es lernen in der Selbsteinschätzung nur
18%, was im Vergleich zu „Ich leihe Medien aus" mit 79% gering
erscheint. Dennoch ist auch der Beweggrund der Informationssuche (was als
Teil des Lernens gewertet werden kann) mit 46% immerhin bei knapp der
Hälfte der Nutzer/innen angesiedelt. Es „lesen" über 40%, was
wohl mit der Grund für den Wunsch nach einer zukünftigen Bibliothek mit
einer „gemütlichen Atmosphäre" und „Wohnzimmerflair" ist.
Es lohnt sich, noch einen genaueren Blick
auf die Nutzungshäufigkeit in Abhängigkeit der Nutzung zu werfen:
Nutzer, die zum lesen, zum informieren, oder zum lernen kommen, nutzen die
Bibliothek häufiger. Noch häufiger kommen die Nutzer, welche Leute
treffen. Diejenigen, die kommen, um vornehmlich Medien auszuleihen, kommen
überproportional mehrmals pro Monat, dafür nur selten mehrmals pro
Woche.
Rein am Thema sind 54% der Besucher/innen
interessiert. Knapp 40% sind an der Anwendung auf eine Problemstellung
interessiert. Das Erleben eines Themas dagegen ist nur für 13%
interessant. Dies widerspricht dem erfolgreichen Zuwachs von
Edutainmentangeboten, wie er in einigen Museen und Kultureinrichtungen
praktiziert wird.
Möglicherweise ist die Zielgruppe eine
andere, da die Nutzer/innen überdurchschnittlich jung und zugleich
gebildet sind. Die Hauptgruppe hat zumindest eine (Fach)hochschulreife,
oder einen Hochschulabschluss, studiert, oder arbeitet. Der Tatsache, dass
es einen starken Einbruch der Besucher/innen über 40 gibt, wird momentan
in einer weiteren Untersuchung nachgegangen. Zudem zeichnen sich die
Besucher/innen durch ein hohes Weiterbildungsbedürfnis aus. 42% haben in
den letzten drei Jahren eine Weiterbildungsveranstaltung in einer
Einrichtung besucht. Dabei besteht eine Korrelation zwischen
Bildungsverhalten und der Beschäftigungsart: Menschen, die in den letzten
drei Jahren an Bildungsveranstaltungen teilgenommen haben, möchten sich
weniger mit reinem Grundlagenwissen (49% im Gegensatz zu 58% der
Bildungsabstinenten) beschäftigen. Sie möchten sich mehr mit der
Anwendung auf eine Problemstellung (43% im Gegensatz zu 36%) beschäftigen
und mehr mit dem Erleben des Themas (17% im Gegensatz zu 10%).
Bildungsaktive und beruflich motivierten Nutzer benötigen auch vermehrt
Informations- und Recherchedienstleistung.
Das Publikum besteht hauptsächlich aus
einem Stammpublikum. 85% besitzen einen Leseausweis, 67% besuchen die
Stadtbibliothek mindestens mehrmals pro Monat. Eine Abhängigkeit besteht
zwischen der Nutzungshäufigkeit und der beruflichen Tätigkeit der
Nutzer. Überproportional häufig nutzen demnach vor allem
Arbeitssuchende, Nicht-Arbeitende und Schülern/innen die Bibliothek.
Überproportional selten besuchen die Bibliothek vor allem Menschen in
Ausbildung.
Zum Schluss sind noch Korrelationen
interessant, die sich auf das Alter und den Bildungsabschluss beziehen:
Mit zunehmenden Alter sinkt das Bedürfnis nach Internetanschluss und
Datenbankzugriff. Dafür wächst das Bedürfnis nach Menschen, die
Bescheid wissen. Es besteht eine Korrelation zwischen dem
Bildungsabschluss und dem Bedürfnis nach einem Internetanschluss.
Besonders stark benötigen ihn Nutzer/innen ohne Abschluss
(Schüler/innen), besonders selten Menschen mit Mittlerer Reife.
Hauptschüler/innen entsprechen in der Befürwortung des
Internetanschlusses in etwa der Randhäufigkeit, es gibt aber
überproportional viele, die ihn überhaupt nicht benötigen. Es besteht
eine Korrelation zwischen dem Bildungsabschluss und dem Bedürfnis nach
einem Drucker. Schüler/innen benötigen ihn überproportional häufig,
Hochschulabsolventen überproportional selten. Es besteht eine Korrelation
zwischen dem Bildungsabschluss und dem Bedürfnis nach einem
Datenbankzugriff auf die Bücherei. Mit zunehmenden Bildungsniveau nimmt
auch das Bedürfnis zu. Nutzer/innen ohne Abschluss bewegen sich etwa auf
der Höhe der Nutzer/innen mit Mittlerer Reife. Des Weiteren besteht eine
Korrelation zwischen dem Bildungsabschluss und dem Bedürfnis nach
Menschen, die Bescheid wissen. Mit zunehmenden Bildungsniveau verringert
sich das Bedürfnis nach dieser Unterstützungsform.
Zusammenfassung
Wie bereits erwähnt, dürfen die
Ergebnisse nicht ohne Weiteres auf andere Kultur- und
Bildungsinstitutionen übertragen werden. Mit Sicherheit hat die
großstädtische Situation einer Zentralbücherei mit den angegliederten
Stadtteilbüchereien einen entscheidenden Einfluss auf die Nutzerstruktur
und deren Bedürfnisse. Die Befragung zeigt jedoch auch allgemeine
Einschätzungen, die unabhängig sind von der regionalen Einbindung. Dies
betrifft vor allem die Bedürfnisse hinsichtlich der unterstützenden
Informationsangebote im Lernprozess, des Anregungscharakters von
Bibliotheken und der Serviceleistungen.
Eckpunkte der Befragung
- In
erster Linie zeigen die Ergebnisse, dass es keinen allgemeinen Lerntypus
gibt.
- Die
Lernbedürfnisse sind vielfach abhängig von Alter und Bildung, aber
auch vom Besuchsgrund und von der Lernmotivation.
- Unterstützung
wird vornehmlich in den Bereichen der Informationsdienst- und
Serviceleistungen benötigt. Der Wunsch nach Sammlung von Informationen
ist dabei abhängig vom Alter.
- Besonders
Ältere, aber auch niedrigere Bildungsschichten benötigen den
menschlichen Kontakt im Bereich der Auskunft.
- Lerner
kommen nicht nur in die Bibliothek, weil sie Informationen benötigen,
sie kommen auch, um sich anregen zu lassen und um zu lesen. Besonders
auf den Wunsch nach Anregung ist mit geeigneten Veranstaltungen und
Präsentationsformen zu reagieren.
Welche Konsequenzen lassen sich nun aus den
gewonnenen Daten ziehen?
- Lernsettings
dürfen nicht auf die Bibliothek begrenzt werden. Der Lernort kann je
nach individuellem Bedürfnis auch woanders sein; am häufigsten wird
der eigene Wohnraum gewünscht. Serviceleistungen müssen dies
berücksichtigen und Informationen dort zugänglich machen, wo sie auch
tatsächlich benötigt werden. Dabei ist auf die unterschiedlichen
Bedürfnisse zu achten.
- Nutzer
von Stadtbüchereien größerer Städte sind jung und gebildet. Die
Anforderungen an die Medien, die Dienstleistungen, aber auch an die
technische Ausstattung in der Bücherei sind an dieses Publikum
anzupassen, ohne jedoch die Bedürfnisse der Anderen außer Acht zu
lassen.
- Die
Besucher kommen nicht nur zum Konsumieren. Sie würden auch gerne ihr
Wissen weitergeben. Geeignete Formen hierfür müssen geschaffen werden.
Menschen müssen sich finden können.
- Bücher
werden auch zukünftig gewünscht. Dennoch nehmen die neuen Medien
bereits heute einen großen Raum ein. Weitergehende Untersuchungen
müssen sich mit dieser Frage noch beschäftigen. Besonders bleibt
unbeantwortet, in welchen Bereichen dies besonders zutrifft.
Die Bibliotheken, welche durch ihr
vorhandenes Informationsangebot bereits heute ein prädestinierter Lernort
sind, bieten die Möglichkeit, zukünftig durch erweiterte Angebote den
Lernanforderungen noch besser entsprechen zu können. Neben dem weiterhin
wichtigen „traditionellen" Angebot können durch Lernarrangements,
die sich an speziellen Inhalten oder auch Zielgruppen ausrichten die
Lernbedürfnisse der Nutzer aufgegriffen und befriedigt werden.
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