Visiting Rights?

Internationale Konferenz der Museen und Galerien in London

Unter dem Motto „Visiting Rights? - How museums and galleries serve their publics" fand vom 30.6. bis 1.7.2000 eine europäische Konferenz im erst kürzlich eingeweihten Museum „Tate Modern" in London statt. Die Konferenz wurde vom SOKRATES-Projekt „Museum and adult education are more (MUSEAM)" in Kooperation mit dem auf die Erforschung kultureller Entwicklungen spezialisierten Unternehmen „Cultural Trends" organisiert und durchgeführt.

In der kulturellen Vielfalt der Referent/innen und der inhaltlichen Vielfalt der Vorträge wurde das Spektrum des Veränderungsprozesses in Museen und Galerien in Europa deutlich. Insgesamt 27 Vorträge in zwei Tagen boten Denkanstösse und Erfahrungen unter den Themenbereichen „Policy and Purpose" (Kulturpolitik in der praktischen Umsetzung), „Visitor Trends and Leisure Spend" (Besuchertrends und Freizeitverhalten), „Curating by Numbers" (Bemisst sich der Erfolg nach den Besucherzahlen?), „The Visitor Experience" (Besuchererfahrungen), „Lifelong Learning" und „Future Culture".

Einigkeit herrschte bei der Auffassung, dass Museen einen wichtigen Beitrag zu der Zukunft von „Lernzentren" leisten können und müssen. Besonders die soziale Rolle von Museen steht im Mittelpunkt verschiedener Entwicklungen, die in den Vorträgen anschaulich gemacht wurden. Diese soziale Rolle ist im Bezug auf die zukünftigen Lernformen insofern bedeutsam, als sie der Vereinzelung im Rahmen selbstgesteuerter Lernprozesse entgegenwirkt. Eindrucksvolles Beispiel eines in die unterschiedlichen gesellschaftlichen Prozesse integrierten Museums wurde an der „New Art Gallery" in Walsall deutlich. Besonders auffällig war hier der Prozess der Bürgerbeteiligung bereits in der Planungsphase des Neubaus. Diese hatte zur Folge, dass sich dort ein kulturelles Zentrum entwickelt hat, das den Bedürfnissen nach Lernen und sozialer Heimat gerecht wird.

Immer wieder tauchte im Verlauf der Konferenz die Frage nach einer Quantifizierung der Bedeutsamkeit von Museen und Galerien auf. Während in einigen Beiträgen auf die hohen Besucherzahlen verwiesen wurde, machte der Beitrag vom Institut für Museumsstudien deutlich, dass einerseits die Anzahl der Besuche nicht direkt mit der Anzahl unterschiedlicher Menschen in Bezug gesetzt werden kann. Zugleich stellte sich die Frage, welche Faktoren für die Anzahl der Besuche verantwortlich ist. Dabei wurde deutlich, dass weniger die Eintrittspreise, als viel mehr der subjektive Wert des Besuchs einen Einfluss auf die Motivation besitzt, ein Museum zu besuchen. Dieser bemisst sich laut Stuart Davies (Heritage Lottery Fund) unter anderem aus der Inspiration und Herausforderung der Ausstellung, wie auch aus der Integration des Erfahrungsbereichs der Besucher in die Themenstellungen. Die David Andersons Untersuchung zeige zudem, dass die Möglichkeit, sich selbst zu entdecken eine größere Motivation darstellt als ein geringer Eintrittspreis.

Im Bereich des lebenslangen Lernens wurde deutlich, dass Museen zukünftig primär die Aufgabe haben, Menschen zu einem „Verstehen" und nicht nur zum „Lernen" und „Wissen" anzuleiten. In diesem Zusammenhang hat die Professionsentwicklung eine besondere Bedeutung. Folgende Fähigkeiten sind laut Laurence Tardy (École de Louvre) als zukünftige Fähigkeiten entscheidend:

Hierfür müssen Mitarbeiter/innen in Museen und Galerien in geeigneter Weise geschult werden.

Der Kongress bot einen umfassenden Überblick über aktuelle Entwicklungslinien in Museen und Galerien. Leider ließ das dicht gepackte Programm nur wenig Raum für eine interdisziplinäre Diskussion zwischen den verschiedenen anwesenden Institutionen. Gerade diese erscheint jedoch für die Entwicklung einer neuen Lernkultur als Voraussetzung für die adäquate Unterstützung individueller Lernstrategien.

Achim Puhl