Klaus Pehl November 1997
Die Indikatoren/Kennzahlendiskussion in den Weiterbildungseinrichtungen im Umfeld der Volkshochschul-Statistik
Vorgeschichte
Seit Beginn der 90er Jahre haben die jährlich bundesweit erhobenen Daten im Rahmen der Volkshochschul-Statistik für lokale Einrichtungen eine veränderte Bedeutung. In den Jahrzehnten zuvor schien der Jahresband zur Volkshochschul-Statistik von den lokalen Einrichtungen nur als nach Bundesländern differenziertes Gesamtergebnis einer Leistungsstatistik zur Kenntnis genommen worden zu sein, für das sie die Datenlieferanten waren. Zum Nutzungsprofil gehört inzwischen, die lokalen Daten
- in ihrer zeitlichen Entwicklung
- im Vergleich mit den Ergebnissen des Kreises, der Region, des Bundeslandes
- bei interkommunalen Vergleichen
als Basisdaten für Steuerungsprozesse zu verwenden. Auslösende Momente waren die neu entfachte Diskussion um Qualitätsmanagement, die neue Diskussion um outputorientierte Steuerung auch für Bildungseinrichtungen und Kontraktmanagementverfahren im Verhältnis zwischen Politik und Verwaltung und nicht zuletzt die einsetzenden Sparzwänge der Kommunen.
Anlässe
Seit der Veröffentlichung eines Zwischenberichts eines interkommunalen Vergleichs von fünf großstädtischen Volkshochschulen durch die Bertelsmann-Stiftung 1995, der Abfassung von Produktplänen für Volkshochschulen in Baden Württemberg und Berlin sowie in einem hessisch/niedersächsischen Vergleichsring und besonders durch die Veröffentlichung der KGSt-Produktpläne im Kulturbereich 1997 wird die Diskussion lebhaft geführt. Der Teil der Problematik, der von Indikatoren/Kennzahlen herrührt, hat dabei besondere Brisanz.
Erwartungen
Im Zentrum der Befürchtungen steht, daß
- die Verwendung qualitativer Leistungsmerkmale in den Hintergrund tritt, weil Indikatoren sich nur schwer bilden lassen
- sich die Bewertung der Einrichtung durch den Politikbereich auf einfache mathematische Vergleichsoperationen mit Kennzahlen reduziert und Entscheidungen immer im Sinn von Einsparmöglichkeiten getroffen werden
- die informationsvergröbernde Wirkung von Kennzahlen übersehen wird
- mit Kennzahlen künstlich Vergleichbarkeit erzeugt wird.
Im Zentrum der Hoffnungen steht, daß
- Produktbeschreibungen sowie Indikatoren/Kennzahlen Werkzeuge liefern, mit denen eine zielorientierte Steuerung der Einrichtung verbessert wird
- damit eine Basis für Kontraktmanagement geschaffen wird, die der Einrichtung Gestaltungsspielräume sichert
- transparentere Verfahren zur Anwendung kommen, die Bildungsaufgabe verbessert mit Wirtschaftlichkeitsanforderungen in Einklang zu bringen.
Perspektiven
Um die Befürchtungen zu mildern und die Hoffnungen zu stützen, scheinen mir für die Indikatoren/Kennzahlendiskussion folgende Gesichtspunkte wichtig:
- Sowohl der Politikbereich als auch der Verwaltungsbereich muß offenlegen, für welche Ziele er Kennzahlen verwenden will. Wenn es einer Einrichtung intern um outputorientierte Steuerung geht und der Verwaltung um Einsparungen, sind vermutlich nicht dieselben Werkzeuge tauglich.
- Es ist nicht zu erwarten, daß komplexe Sachverhalte im Bildungsbereich durch Primitivformen von quantitativen Beschreibungssystemen (einfache Beziehungszahlen, Anteile) adäquat erfaßt werden. Beispiel: Die Gesamtunterrichtsstundenzahl einer VHS pro hauptberuflich pädagogische Planungskraft (WBG NW 1975) beschreibt die Relation von Personalressourcen zu Leistungsmerkmalen nur unzureichend. Mehrdimensionale Kennzahlensysteme (z.B. vierdimensionales Bezugssystem zu Veranstaltungen, Unterrichtsstunden, Belegungen und Kursleiter) können Verbesserungen bringen.
- Viele Sachverhalte können nur adäquat durch Verteilungen beschrieben werden (z.B. Verteilung von Veranstaltungen in verschiedenen Programmbereichen (= Produkte)). Einzelne Parameter/Beziehungszahlen reduzieren die Information zu weitgehend. Deshalb muß der Blick für die Bewertung von Verteilungen und den Vergleich von Verteilungen geöffnet werden.
- Insgesamt sollten Kennzahlen (allgemein Beschreibungssysteme) Ausgangspunkt für wissenschaftlich begründete Untersuchungen sein und nicht bereits die endgültige Entscheidungsbasis.
Konzept für ein Minimalprogramm
Ein Beschreibungssystem muß den Leistungsbereich (Veranstaltungen/Teilnehmende, Output) sowohl in Beziehung zu den zwei Komponenten des Input Personal und Finanzierung als auch zu Elementen des Outcome (Wirkungsbereich) setzen. Dabei werden vor allem Kennzahlensysteme und Verteilungen verwendet.
Das Beispiel Volkshochschulen
Im Rahmen des bundesweit praktizierten Berichtssystems Volkshochschul-Statistik, insbesondere in der ab 1998 gültigen Fassung, in der mit der Produktplanentwicklung der KGSt abgestimmte Programmbereiche eingeführt wurden, liegen bereits Daten vor, die einen großen Teil des vorgeschlagenen Minimalprogramms abdecken. Ausnahmen sind nach Programmbereichen differenzierte Finanzierungsdaten, die aber im Zuge der Haushaltsdurchführung in den Einrichtungen anfallen, und besonders Daten zur lokalen Weiterbildungsbeteiligung. Hier müßten die evaluativen Bemühungen bei der Analyse der Teilnehmenden verstärkt werden. Dies muß nicht in den Einsatz eines jährlich wiederkehrenden Routineinstruments für alle Einrichtungen münden. Aber eine regelmäßige Evaluation in passenden Intervallen scheint angezeigt.
Klaus
Pehl: Die
Indikatoren/Kennzahlendiskussion in den Weiterbildungseinrichtungen im Umfeld
der Volkshochschul-Statistik, in: DIE-Materialien Nr. 16, Mit Kennzahlen
arbeiten. Online im Internet –
URL: http://www.die-frankfurt.de/esprid/dokumente/doc-1997/pehl97_03.htm
Dokument aus dem Internet-Service des
Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung e. V. – http://www.die-frankfurt.de/esprid