Susanne Offenbartl Februar 1999
Search: "European adult education"
Netzwerke europäischer Erwachsenenbildung im World Wide Web – eine Surftour
Inhalt:
Zusammenfassung
Internationalisierung als Datenfluß
search: "european adult education"
Die Angebote der europäischen Erwachsenenbildung über das WWW
Vernetzung der europäischen Erwachsenenbildung über das WWW
Die Organisationen, Arbeitsgruppen, Projekte etc. die sich in Europa zur Erwachsenenbildung gebildet haben, sind zum großen Teil im WWW vertreten. Die WWW-Präsenzen beschränken sich meist auf die Selbstdarstellung: Mitglieder, Zielsetzungen, Aktivitäten. Die für das Medium WWW spezifischen Möglichkeiten der Diskussion und Kooperation (z.B. in Online-Foren) werden jedoch fast nicht genutzt.
Interessante Links für die Erwachsenenbildung in Europa:
Internationalisierung als Datenfluß
Die Internationalisierung der Erwachsenenbildung setzt wie alle Internationalisierungstendenzen voraus, daß Daten schnell und an jeden beliebigen Ort transportiert werden können. Egal ob es lediglich um die Kenntnisnahme anderer Aktivitäten in Europa oder um eine enge Kooperation geht: Geschwindigkeit und Qualität des Datenflusses stecken die Grenzen. Dabei kann der Datenfluß personengebunden (z.B. auf Konferenzen) oder durch Technik vermittelt sein. Auf die spezifischen Merkmale und die Vor- und Nachteile der Vermittlungswege möchte ich hier nicht näher eingehen. Wie bei anderen Internationalisierungstendenzen auch ist jedoch zu erwarten, daß das WWW eine immer größere Rolle in der Internationalisierung der Erwachsenenbildung spielt. Denn über das WWW können schnell und von Zeit und Ort unabhängig Daten transportiert, also informiert und kommuniziert werden.
Ausgangspunkt meiner Surftour waren daher folgende Fragen:
- Finde ich über Suchmaschinen und/oder über andere Suchstrategien die europäische Erwachsenenbildung im WWW?
- Was bieten einzelne Homepages interessierten NutzerInnen?
- Inwieweit kann bei diesen Angeboten bereits von einer Vernetzung über das WWW gesprochen weden?
Search: "European adult education"
Beispielhaft dokumentiere ich eine meiner Suchen im WWW: Mit der sehr häufig frequentierten Suchmaschine AltaVista suchte ich nach den Begriffen "european adult education". Ich wählte diese Suchbegriffe aus, da Suchende möglicherweise nicht wissen, wie europäische Organisationen, Institutionen, Projekte etc. der Erwachsenenbildung heißen. Die Suche war darüber hinaus auf englischsprachige Websites beschränkt, da nur die im Zusammenhang mit internationaler Vernetzung interessant sind.
AltaVista meldet 502.855 englischsprachige Treffer (59.375 deutschsprachige) und zeigt die ersten 200 an. Eine genauere Analyse dieser ersten 200 englischen Treffer ergibt für den europäischen Raum:
- einige Socrates-Projekte (z.B. ALICE; EuroToolls; A European Adult Education Programme for Trade Unions; European Adult Education - Responsibility for our Environment)
- SOCRATES the European Community action programme for cooperation in the field of education
- einige nationale Organisationen der Erwachsenenbildung (z.B. NIACE)
- CONFINTEA 97 (UNESCO-Konferenz)
- EAEA European Association for the Education of Adults
- IFWEA International Federation of Workers' Education Associations
- verschiedene Linklisten zu Einrichtungen der Erwachsenenbildung in ganz Europa
- einige private Weiterbildungsanbieter
- nach ca. 100 Treffern, die immer wieder auf die gleichen Homepages verweisen, verlassen die Treffer den europäischen Raum und sind damit für diese Recherche irrelevant.
ERDI (European Research and Development Institutes for Adult Education) hat keine Homepage, kann also auch nicht gefunden werden. Eine WWW-Präsenz für ERDI ist aber in näherer Zukunft geplant. ESREA findet AltaVista unter der Abkürzung ESREA. Mit Hilfe weiterer Suchläufe mit weiteren Begriffen kann die Liste der europäischen Projekte noch erweitert werden. Wieviele und welche weiteren Organisationen, Arbeitsgruppen, Projekte o.ä. im WWW noch zu finden sein könnten, läßt sich genausowenig sagen, wie wieviele nichtkatalogisierte Bücher in einer Bibliothek stehen.
Die Angebote der europäischen Erwachsenenbildung über das WWW
Ich gehe im folgenden auf einzelne WWW-Präsenzen ein. Dabei geht es mir in keiner Weise um eine Beurteilung der Arbeit, die in den Organisationen, Arbeitsgruppen, Projekten etc. geleistet wird. Die ist auf der Basis der Recherche im WWW nicht möglich. Ich betrachte die Websites ausschließlich unter dem Gesichtspunkt, wie die Möglichkeiten des WWW für eine internationale Vernetzung der Erwachsenenbildung genutzt werden.
"The European Association for the Education of Adults": Die Homepage wird von der "Finnish Adult Education Association" bereitgestellt und bietet Informationen über Ziele und Arbeitsweise der Organisation, eine Mitgliederliste (die auf Hinweis der Mitglieder aktualisiert wird. Stand Januar 1999), Publikationen (Stand Juni 1997) und Kontaktmöglichkeiten zu EAEA (per Email). Die Rubrik "News" ist zwar vorgesehen, hat aber keinen Link.
"European Society for Research on the Education of Adults": Die Homepage wird an der Universität Helsinki bereitgestellt (letzter Update 15.2.99). Sie bietet Informationen über Ziele und Arbeitsweise der Organisation, aktuelle aber wenige Veranstaltungshinweise und umfangreiche Kontaktmöglichkeiten zu SpezialistInnen (per Email) unterschiedlicher Schwerpunkte der Diskussion um Erwachsenenbildung in Europa.
"International Federation of Workers' Education Associations": Die Homepage bietet (noch?) wenig Informationen (z.B. eine dünne Seite zu Euro-WEA The European Workers' Education Association), eine Mitgliederliste, die vollständigen Texte der letzten vier Ausgaben der eigenen Zeitschrift und einige Hinweise auf Angebote, die bald zur Verfügung stehen sollen (letzter Update 14.1.99).
"Adult Learning Information Centre Europe": Die Homepage des Socrates-Projekts (Ende 1998 ausgelaufen, letzter Update 9.12.98) wird von der "Finnish Adult Education Association" bereitgestellt. Sie bietet eine sehr umfangreiche Datenbank zu Insitutionen, Gesetzen, Projekten und Programmen zur Erwachsenenbildung in den europäischen Ländern. Die Datenbank ist etwas versteckt und nicht ganz leicht zu handhaben. Außerdem finden sich Dokumente zur Erwachsenenbildung in Europa, Links, Kontaktmöglichkeiten zu den Projektbeteiligten, ein interaktives Feedbackformular und Selbstdarstellungen in mehreren Sprachen. Download-Angebote sind für Herbst 1998 angekündigt aber nicht vorhanden.
"The European Community action programme for cooperation in the field of education": Die Homepage ist Teil der Präsenz der Europäischen Kommission und bietet sehr umfangreiche Informationen (teilweise in mehreren Sprachen) über Fördermöglichkeiten, laufende Projekte, aktuelle Trends, Kontaktmöglichkeiten, Formulare und eine interaktive "Partnerbörse" für europäische Projekte.
Vernetzung der europäischen Erwachsenenbildung über das WWW
Aus dem WWW erschließt sich kaum, wie die einzelnen WWW-Präsenzen entstanden sind. Stecken persönliches Engagement und Überstunden Einzelner, Werkverträge, europäische Gelder oder anderweitige Ressourcen dahinter? Schlüsse müssen daher sehr vorsichtig gezogen werden. Auch hier beschränke ich mich auf das, was im WWW zu recherchieren ist, und auf die Eindrücke, die sich NutzerInnen aufdrängen, die über kein Insiderwissen verfügen. Kenntnisse über Hompages, die hier nicht explizit beschrieben sind, fließen hier ebenfalls mit ein.
- Die Homepages sind größtenteils so gestaltet, daß sie wenig Pflegeaufwand nach sich ziehen (Selbstdarstellungen, Aktualisierung nach Hinweis der Mitglieder), und bieten daher im Wesentlichen grundsätzliche Informationen. Die aufwendigeren Angebote (News, Veranstaltungshinweise) sind oft veraltet oder dürftig. Dies deutet auf sehr beschränkte Möglichkeiten hin, die die "PflegerInnen" der Homepages haben (evtl. keine oder kaum zusätzliche Ressourcen für diese Aufgabe). Je aktueller und je interaktiver eine Homepage ist, desto mehr dauerhafte Betreuung ist nötig.
- Die teilweise schlechte Erreichbarkeit der Homepages über Suchbegriffe kann zum einen darauf hinweisen, daß nicht genügend Ressourcen und Kenntnisse mobilisiert werden können, um eine professionelle Anbindung an das Internet zu gewährleisten. Zum anderen ist es möglicherweise gar nicht intendiert, von einem breiten unspezifischen Surferkreis gefunden zu werden. Die Veröffentlichung der URLs in klassischen papierbasierten Medien macht die Homepages ja durchaus bei denen bekannt, die als Kooperationspartner angesprochen werden sollen. Allerdings bringen die Websites denen wohl kaum zusätzliche Informationen, die sie nicht auch in eben diesen papierbasierten Medien finden könnten.
- Teilweise gibt es Mailinglisten, in die sich Interessierte aber nicht über das WWW eintragen können. Hier ist wohl eine größere Öffentlichkeit gar nicht erwünscht. Über diese Mailinglisten werden (nach meinen Recherchen) vor allem Veranstaltungshinweise und Stellenausschreibungen distribuiert. Inhaltliche Diskussion finden dort eher nicht statt.
- Interaktive Angebote wie Recherchemöglichkeiten, systematische Kontaktmöglichkeiten, Feedbackformular sind tendenziell bei Projekten zu finden, da diese über die dazu nötigen Mittel verfügen und/oder das Angebot im WWW ein wichtige Zielsetzung des Projektes ist. Die Problematik, wie die Arbeitsergebnisse weitergeführt werden können und wie lange die bereitgestellten Daten als aktuell gelten können, ist auch im WWW ungelöst.
- Die teilweise angebotene Verlinkung zu SpezialistInnen (und nicht "nur" zu den Verantwortlichen der Homepage) geht bereits ein gutes Stück über Selbstdarstellung und Basisinformationen hinaus. Diese Websites sind Knotenpunkte für den Aufbau konkreter Kooperationen. Sie vermitteln internationale Kontakte, die dann unabhängig von der Ausgangshomepage laufen. Deren andere NutzerInnen erfahren nicht, welche Diskussionen sich daraus entwickeln, und können sich auch nicht daran beteiligen.
- Online-Angebote wie Diskussionsforen, Workshops, Konferenzen, Bestellmöglichkeiten fehlen fast völlig. Diese wären medienspezifisch, also nicht auf andere Medien übertragbar.
- Die WWW-Präsenzen beschränken sich zum großen Teil auf Angebote, die in der ein oder anderen Form auch zu Papier zu bringen wären (als Aufsätze, Skizzen, Monografien, Who is Who-Sammlungen, Adressbücher und anderes mehr). Es liegt die Vermutung nahe, daß fast ausschließlich Informationen der europäischen Erwachsenenbildung im WWW zugänglich sind, die eigentlich für den Datenträger Papier entstanden sind, und jetzt eben auch für das WWW aufbereitet werden. Vielen Websites ist dieser Entstehungszusammenhang auch anzusehen, denn Websites brauchen im Vergleich zu Papierveröffentlichungen klarere Strukturierungen, kürzere Texte und mehr Zusammenfassungen.
Während das WWW von vielen Weiterbildungseinrichtungen bereits als Organisationshilfe eingesetzt und als Lernweg erprobt wird, ist seine Nutzung zur europäischen Vernetzung der institutionellen wissenschaftlichen Ebene noch in den Anfängen. Nach wie vor dominieren die personengebundenen Kommunikationswege: internationale Konferenzen, englischsprachige Vorträge und Veröffentlichungen. Immerhin sind durch die zusätzliche Veröffentlichung im WWW die Informationen über die Organisationen, Arbeitsgruppen, Projekte o.ä. wesentlich schneller als über Bücher, Zeitschriften und Konferenzen zugänglich (wenn auch nur ausschnitthaft).
Eine Motivation, sich auch darüber hinaus der neuen Kommunikationstechnologien als Vernetzungsweg zu bedienen, ist erst im Entstehen. Der gleichzeitige Mangel an Ressourcen, Kenntnissen und technischer Infrastruktur zur Nutzung der Internetdienste steht zu dieser erst wachsenden Bedeutung des WWW in den europäischen Organisationen der Erwachsenenbildung in einer Wechselwirkung: ohne Bedeutung keine Ressourcen und Kenntnisse - ohne Kenntnisse und Ressourcen keine Bedeutung.
Der erste Schritt, um diesen Zirkel zu durchbrechen, wird gerade gegangen. WWW-Präsenzen sind nach meinen Recherchen in der europäischen Erwachsenenbildung nicht mehr nur "nice to have", sondern werden als wichtig für das Prestige angesehen. Es gehört zur guten Arbeit einer Organisation o.ä. dazu, eine anspechende WWW-Präsenz zu haben.
Der nächste Schritt wird sein, die Selbstdarstellung und das Kopieren von Papierprodukten im WWW zu ergänzen durch medienspezifische Angebote im WWW, die die Internationalisierung der europäischen Erwachsenenbildung im Sinne eines wirklichen Austausches unterstützen. Das WWW braucht eigenständige Angebote, um vom Informations- zum Kommunikationsmedium der europäischen Erwachsenenbildung zu werden.
Susanne
Offenbartl: Search:
"European adult education". Netzwerke europäischer Erwachsenenbildung
im World Wide Web – eine Surftour. Online im Internet – URL: http://www.die-frankfurt.de/esprid/dokumente/doc-1999/offenbartl99_01.htm.
Gedruckt in: DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung, Heft II/99, S. 38–40
Dokument aus dem Internet-Service des Deutschen Instituts für
Erwachsenenbildung e. V. – http://www.die-frankfurt.de/esprid