Marion Seevers, Senator für Bildung und Wissenschaft,Bremen, Juni 2001
Fachtagung und Plenarsitzung der
Konzertierten Aktion Weiterbildung (KAW)
„Qualitätsentwicklung in der Weiterbildung – politischer
Handlungsbedarf"
(25./26. Juni 2001)
AG 2: Qualitätsentwicklung und
Förderbedingungen
Thesenpapier
Erfahrungen in Bremen mit der Einführung von Qualitätsmanagementsystemen im Rahmen des Weiterbildungsgesetzes
Wie sehen die Bremer Vorgaben aus?
Im Interesse der
WeiterbildungsteilnehmerInnen hat sich der Senator für Bildung und Wissenschaft
in Bremen 1998 entschieden, nur noch die Einrichtungen anzuerkennen und ggf. zu
fördern, die landesseitig vorgegebene Qualitätsstandards einhalten und durch
den Aufbau eines prozessorientierten Qualitätsmanagemensystems die
kontinuierliche Verbesserung ihrer Arbeit gewährleisten.
Bremen hat sich in seinen Vorgaben für eine mittlere Systematisierung
entschieden:
Die vorgegebenen Qualitätsstandards sind Mindeststandards und jede Einrichtung ergänzt sie durch Festlegungen, die sich aus den spezifischen Einrichtungszielen ergeben, aus dem jeweiligen CI, den Zielgruppen, die angesprochen werden, dem spezifischen methodischen Ansätzen etc.
Die Darlegungsart, nach der das Qualitätsmanagementsystem aufgebaut ist, bleibt freigestellt. Wichtig ist, dass es sich um eine prozessorientierte Lösung handelt, die die zentralen Schlüsselprozesse der Einrichtung erfasst und regelt. Diese Vorgabe ermöglicht eigene prozessorientierte Lösungen genauso wie den Aufbau von QM-Systemen entsprechend DIN EN ISO, EFQM o.ä.
Qualitätsfragen sind Managementfragen und
bleiben in der Verantwortung der Einrichtungsleitung. Das Bremer System
verpflichtet die Leitung deshalb zur Durchführung jährlicher interner Audits,
durch die alle qualitätsrelevanten Schlüsselprozesse abgedeckt sind, und
unterstützt damit die Entwicklung eines kontinuierlichen
Verbesserungsprozesses.
Das Land beschränkt sich darauf, erst nach drei Jahren die Expertise eines
externen Gutachters einzusehen, dessen Fachkenntnis und Neutralität
nachgewiesen werden muss. Das Ergebnis dieses externen Audits ist Basis der
Verlängerung der Anerkennung durch das Land.
Welche Erfahrungen haben wir in der Umsetzung gemacht?
In Bremen ist ein Klima entstanden, in dem Weiterbildungsqualität im Interesse der Kunden neu diskutiert wird.
Die Einrichtungen sind durch die Intervention des Landes unter hohen Druck geraten: QM-Systeme aufzubauen erfordert zusätzliche Arbeit und kostet Geld! Die rechtzeitige und umfassende Einbeziehung der Beteiligten hat in Bremen dazu beigetragen, dass mit dem Druck konstruktiv umgegangen wurde und die Aufbauarbeiten erfolgreich abgeschlossen werden konnten.
Die durch die „mittlere Systematisierung" eingeräumte Gestaltungsfreiheit ist genutzt worden: Einige Einrichtungen haben die Landesvorgaben zum Aufbau selbstentwickelter QM-System genutzt, andere haben sich am Ansatz der DIN –EN ISO oder des EFQM orientiert. Die Verpflichtung, auf jeden Fall prozessorientiert vorzugehen, hat die Möglichkeit eröffnet, jederzeit zwischen diesen Systemen zu wechseln und sich bei Bedarf ohne großen zusätzlichen Aufwand nach internationalen Normen zertifizieren zu lassen (EU-Förderrichtlinien). Die Vorgaben des Teilnehmerschutzes werden in jedem Modell eingehalten.
Zur Qualität der QM-Systeme:
Die Einführung von systematisierten Kundenbefragungen und eines geregelten
Beschwerdemanagements hat bei fast allen Einrichtungen zu sofortigen Änderungen
im Interesse der TeilnehmerInnen geführt. Viele Einrichtungen berichten
zusätzlich von schlankeren und effektiveren Verwaltungsabläufen und von einer
Professionalisierung der Kommunikationsstrukturen. Verfahrensanweisungen und
Arbeitsanweisungen erleichtern die Einarbeitung und Umsetzung von
MitarbeiterInnen.
Schwer gefallen ist es demgegenüber, Einrichtungsziele so zu präzisieren, dass
daraus Vorgaben der Prozesssteuerung abgeleitet werden können, die eine
optimale Zwischensteuerung und Rückkopplung ermöglichen, die Regelungstiefe
der Prozesse ist ebenfalls noch nicht immer optimal. Diese Schwierigkeiten sind
nicht weiterbildungsspezifisch, sondern treten bei der Einführung von
QMSystemen häufig auf. Erst die kontinuierliche Verbesserung des Systems führt
dazu, dass das Qualitätsmanagementsystem zu einem effizienten
Leitungsinstrument wird.
Das Land wird einen Erfahrungsaustausch mit Besten der Branche und mit
Fachleuten organisieren, um Impulse für weitere Optimierungen zu geben.
Die Einrichtungen arbeiten bereits an der Weiterentwicklung der QMSysteme. So haben sie einen Facharbeitskreis gegründet, in dem sie sich beim Auf- und Ausbau ihrer Qualitätsmanagementsysteme unterstützen. Einige Einrichtungen sind Partnerschaften eingegangen, die z.B. interne Audits wechselseitig durchführen oder kritisch begleiten.
Das Land berät die Landesvorgaben zur Qualitätssicherung kontinuierlich im Landesausschuss für Weiterbildung. Ziel ist die kontinuierliche Verbesserung des Systems. Darüber hinaus hat es eine Mitverantwortung für das Marketing des „Bremer Modells" übernommen.
Trotz bisheriger Bemühungen wird die neue
kundenzentrierte Arbeitsweise der anerkannten Weiterbildungseinrichtungen noch
zu wenig in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Aus diesem Grund gehen
TeilnehmerInnen nicht immer aktiv mit den neuen Möglichkeiten um. Einrichtungen
und Land wollen ihre Öffentlichkeitsarbeit entsprechend verstärken und die
Anspruchshaltung des Kunden erhöhen.
Was lässt sich verallgemeinern?
Qualitätsentwicklung als Instrument der
politischen Steuerung braucht
a. eine klare politische Vorgabe und die Verknüpfung von öffentlicher
Förderung mit Qualitäts-Mindeststandards und
b. einen offenen Prozess der Rückkopplung mit den spezifischen Bedingungen der
Einrichtungen, der das QMSystem praxisorientiert optimiert.
Die systematische Verbindung beider Elemente (Top down und bottom up!)
garantiert wichtige Synergieeffekte durch umfassende Kompatibilität.
Bei der Einführung von Qualitätsstandards
für die Weiterbildung ist zunächst die Politik gefordert: Es gilt,
öffentliche Verantwortung in diesem Bereich wahrzunehmen. Förderung muss an
Standards gebunden sein, die den Einrichtungen Platz für ihre Individualität
lassen, aber den Kunden (TeilnehmerInnen, Länder,...) ein Recht auf Qualität
garantieren.
Die Vorgaben zum Aufbau der QM-Systeme können regional unterschiedlich sein,
müssen aber von einer Prozessorientierung ausgehen: Nur über die
Prozessorientierung sind die unterschiedlichen qualitätssichernden Ansätze
untereinander und mit international anerkannten Qualitätsmanagementsystemen
kompatibel.
Es gilt, ein Klima zu schaffen, in dem
Qualitätssicherung und Kundenorientierung gedeihen:
Wir brauchen ständig Anreize, die Weiterbildungseinrichtungen zur
kontinuierlichen Arbeit am Thema motivieren (organisierte Benchmarks, Preise
für best-practise, Förderung von Qualitätsverbünden...) . und wir brauchen
eine Öffentlichkeitsarbeit, die das begleitet.
Es gilt, TeilnehmerInnen der Weiterbildung so
zu informieren, dass sie ihre Rolle als Kunden auch wahrnehmen können:
Wir brauchen Datenbanken, die anbieterübergreifende Angebotsvergleiche
ermöglichen,
Checklisten, die Vergleichskriterien transparent machen, Beratungseinrichtungen
und ein entsprechendes Marketing.
Marion Seevers, Qualitätsentwicklung und
Förderbedingungen - Thesenpapier.Online im Internet – URL: http://www.die-frankfurt.de/esprid/dokumente/doc-2001/seevers01_01.htm
Dokument aus dem Internet-Service Texte Online des Deutschen Instituts für
Erwachsenenbildung e. V. –
http://www.die-frankfurt.de