Lebens- und Bedarfslagen älter werdender Migrantinnen und Migranten
Exemplarische Untersuchung der Lebenssituation älterer Menschen türkischer Herkunft im Kreis Unna

Im Auftrag des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Senioren des Landes Nordrhein-Westfalen

Projektleitung:
Dr. Monika Reichert

Bericht:
Dr. Waldemar Schmidt
Nicole Maly
unter Mitarbeit von Evrim Özay

Zusammenfassung

Ein Modellvorhaben

Im Kreis Unna wird im Auftrag des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Senioren des Landes Nordrhein-Westfalen ein Modellprojekt »Integration älterer Migrantinnen und Migranten - Schaffung neuer integrationsfördernder Strukturen zur Verbesserung der Lebenssituation« durchgeführt. Es handelt sich dabei um ein Kooperationsprojekt zwischen dem Kreis Unna (Koordinierungsstelle Altenarbeit, Regionale Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien) und dem Multikulturellen Forum Lünen e. V., einer im Paritätischen Wohlfahrtsverband organisierten Migrantenselbstorganisation, die u. a. Träger eines Bildungswerkes ist; das Vorhaben wird vom Institut für Gerontologie an der Universität Dortmund wissenschaftlich begleitet. Projektstandorte sind die kreisangehörigen Städte Bergkamen und Lünen - eine Auswahl, die sich aus der Verteilung der Migrantenpopulation im Kreis Unna ergeben hat (Abbildung 1); exemplarisch ins Auge gefasst werden die älteren Menschen aus der größten nationalen Gruppe unter den Migranten, d. h. denjenigen, die aus der Türkei zugewandert sind. Begonnen hat das Projekt Anfang 2001, abgeschlossen wird es Ende 2003.

Abbildung 1: Migranten im Kreis Unna

Die Entwicklung von Konzepten für Maßnahmen »zur Verbesserung der Lebenssituation« erfordert genaue Kenntnis der Bedarfssituation der älteren Männer und Frauen türkischer Herkunft. Aus diesem Grund ist in den Monaten März bis Mai eine Befragung von insgesamt hundert Personen aus der Türkei im Alter von 50 bis 70 Jahre vorgenommen worden, darunter 49 Männer und 51 Frauen, 39 Personen in Bergkamen, 61 in Lünen; 75 von ihnen waren zwischen 50 und 60 Jahre alt. Für die Befragung sind Interviewerinnen und Interviewer türkischer Muttersprache vom Institut für Gerontologie und vom Multikulturellen Forum geschult worden. Für die Interviews ist vom Institut für Gerontologie in Abstimmung mit dem Kreis Unna und dem Multikulturellen Forum ein Erhebungsinstrument erarbeitet worden; der Fragebogen umfasst insgesamt 95 Fragen zu dreizehn Themenkomplexen und enthält neben Fragen mit standardisierten Antwortvorgaben viele offene Fragestellungen. Die Interviewpartner sind nach einem Zufallsverfahren anhand von Anschriftensammlungen ausgesucht worden, die die zuständigen Kommunalverwaltungen zur Verfügung gestellt hatten.

Demografische Merkmale

Die weit überwiegende Mehrheit der Befragten ist verheiratet (Abbildung 2), wobei die Ehepartner fast immer auch aus der Türkei stammen, in zwei Fällen aus dem kurdischen Teil; in einem Fall stammt der Ehepartner aus Deutschland.

Abbildung 2: Familienstand

Haushalte mit nur einer Person sind eine Seltenheit, die meisten Befragten leben in Haushalten mit mindestens drei Personen, darunter wiederum die meisten in Haushalten mit vier oder mehr Personen (Abbildung 3). Entsprechend gibt es nur zwei alleinlebende Frauen, der größte Teil der befragten Migranten lebt mit dem Ehepartner und weiteren Familienangehörigen zusammen, relativ wenige ausschließlich mit dem Ehepartner (Abbildung 4).

Abbildung 3: Haushaltsgröße

Abbildung 4: Haushaltsstruktur

Einwanderung und Aufenthalt in Deutschland

Es zeigt sich eindrucksvoll, wie lange die Migranten aus der Türkei bereits in Deutschland leben: rd. vier Fünftel seit mindestens zwanzig Jahren, von den anderen die meisten sogar noch länger, und nur fünf Personen sind erst in jüngerer Zeit eingereist (). Fast zwei Drittel der befragten Personen haben in ihrem Herkunftsland in dörflichen Regionen gelebt, die übrigen kommen zu etwa gleichen Teilen aus Städten oder aus der Provinz. Was den Aufenthaltsstatus betrifft, liegt bei ca.. 90% eine Aufenthaltsberechtigung bzw. eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis vor (wobei nicht ganz klar ist, ob zwischen diesen Begriffen immer genau differenziert worden ist), sechs Personen sind eingebürgert worden, und zwar im Laufe der zurückliegenden fünf Jahre; Aufenthaltsberechtigung und unbefristete Aufenthaltserlaubnis sind überwiegend zwischen 1980 und 1995 erworben worden.

Abbildung 5: Aufenthaltsdauer

Kontakte der Migrantinnen und Migranten zu ihren Kindern

Mehrere Kinder sind in den Familien von Migranten aus der Türkei die Regel (Abbildung 6): über die Hälfte von ihnen hat mindestens vier Kinder, nur eine Familie hat keine Kinder, drei nur ein Kind; häufig leben wenigstens ein, zwei oder drei Kinder noch im elterlichen Haushalt, die anderen im allgemeinen zumindest in der selben Stadt, es gibt aber auch 9 Familien, die keine Kinder am Wohnort haben. Über die Hälfte der Familien gibt an, Kinder zu haben, die noch die Schule besuchen bzw. in Ausbildung sind oder studieren, fast 80% haben erwerbstätige Kinder, mehr als 60% aber auch Kinder die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen bzw. Hausfrau oder -mann sind.

Abbildung 6: Kinder

Wohnen

Die Wohnungen, in denen die befragten Männer und Frauen leben, sind in den meisten Fällen gemietet, es gibt aber auch 16 Personen, die Eigentümer ihre Wohnung (bzw. ihres Hauses) sind. In Bergkamen sind die Wohnungen im Durchschnitt größer als in Lünen, sowohl was die Wohnfläche als auch was die Zahl der Räume angeht; auch die Extremwerte (kleinste und größte Wohnfläche, kleinste und größte Zimmeranzahl) sind in Bergkamen größer (Abbildung 7). Die Raten der Wohnungsausstattung mit Zentralheizung, warmem Wasser, Bad und Toilette liegen zwischen 93% und 97%, es gibt also noch einige - wenngleich wenige - Wohnungen, die über die betreffenden Ausstattungsmerkmale nicht verfügen. Überwiegend ist die Nachbarschaft ebenfalls türkischer Herkunft, häufig sind die Nachbarn auch anderer nicht-deutscher Herkunft.

Abbildung 7: Wohnungsgröße

Bildung, Erwerbstätigkeit, Finanzen

Ein großer Teil der befragten Personen geht einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach (bzw. ist einer solchen nachgegangen), darunter überwiegend Männer, während unregelmäßig erwerbstätig vorwiegend Frauen sind oder waren, ausschließlich Frauen sind es, die nie erwerbstätig waren (Abbildung 8).

Abbildung 8: Erwerbsbiografie

In Zusammenhang damit steht die Bildungs- bzw. Ausbildungssituation: etwa die Hälfte der befragten Personen hat die Grundschule absolviert, auch hier zumeist Männer, um 40% haben keinen Schulabschluss, in diesem Fall zu drei Vierteln Frauen. Nicht ganz so auffällig ist der geschlechtsspezifische Unterschied zu Lasten der Frauen bei den Personen ohne Berufsausbildung; bei denjenigen, die in der Türkei (12) oder in Deutschland (2) eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, rangieren die Männer eindeutig vorn. Zum Zeitpunkt der Befragung waren neun Männer und drei Frauen vollzeit- und vier Frauen teilzeitbeschäftigt; sieben Frauen und fünf Männer waren arbeitslos, zum ganz großen Teil seit mehreren Jahren.

Abbildung 9: Verrentung

Etwas weniger als die Hälfte der befragten Personen (44) waren im Frühjahr 2001 bereits verrentet. Dabei stehen Vorruhestandsregelungen im Vordergrund (Abbildung 9), die zum größten Teil schon vor mehr als fünf Jahren zur Anwendung gekommen sind. Insgesamt 15 Personen sind länger als fünf Jahre berufs- oder erwerbsunfähig, die Altersrente ist dagegen von untergeordneter Bedeutung. Einen eigenen Rentenanspruch haben 49 Männer und 17 Frauen erworben (auch hier ein starkes geschlechtsspezifisches Gefälle), umgekehrt haben 17 Männer und 48 Frauen angegeben, dass ein Rentenanspruch des Ehepartners besteht; ein Rentenanspruch für beide Ehepartner besteht in 31 Fällen.

Die Einkommenssituation der befragten Migranten (Abbildung 10) ist von großen Unterschieden geprägt: von 29 befragten Personen wurde angegeben, dass das monatliche Haushaltsnettoeinkommen mehr als 2.500 DM beträgt; fast ebenso groß ist aber die Gruppe derjenigen, die weniger als 1.200 DM im Monat zur Verfügung haben, und mit 1.200 DM bis 1.600 DM müssen 17 Familien auskommen. In ein paar Fällen ist allerdings nicht klar, ob der Begriff des Haushaltsnettoeinkommens richtig verstanden worden ist.

Abbildung 10: Haushaltsnettoeinkommen

Unterschiedlich ist auch der Bekanntheitsgrad von Versicherungsleistungen und finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten, die im Bedarfsfall in Anspruch genommen werden können: Wohngeld, Arbeitslosen- und Sozialhilfe sind den meisten bekannt, kaum geringer ist die Bekanntheit von Leistungen der Kranken- und der Pflegeversicherung, die Möglichkeit der Befreiung von Rundfunk- und Fernsehgebühren oder von Telefongebühren kennen dagegen erheblich weniger (53 bzw. 46 Personen).

Gesundheit und medizinische Versorgung

Über die Hälfte der befragten Männer und Frauen schätzen ihre körperliche Gesundheit als gut bzw. einigermaßen gut ein, 43 aber als weniger gut oder sogar als schlecht. Eine eher positive Einschätzung ihres seelischen Gesundheitszustandes geben rd.. drei Viertel der Befragten, 26 halten ihn für weniger gut bzw. schlecht (Abbildung 11). Überwiegend wird die gesundheitliche Situation nicht mit Migrationserfahrungen in Verbindung gebracht.

Abbildung 11: Beurteilung des Gesundheitszustandes

Annähernd vier Fünftel der Befragten war mehrmals im Krankenhaus, weitere 15 Personen einmal, sieben dagegen noch nie; der hohe Anteil der mehrfach stationär behandelten Personen weist auf starke gesundheitliche Belastungen hin. Etwa ein Fünftel war mindestens einmal zur Kur, drei Viertel hingegen noch nie. Fünf Personen haben angegeben, mehrmals sowohl im Krankenhaus behandelt worden als auch zur Kur gewesen zu sein. Der Begriff der Pflegebedürftigkeit gemäß den Bestimmungen des Pflegeversicherungsgesetzes war offenbar nicht hinlänglich bekannt. Fünf Personen haben angegeben, pflegebedürftig in diesem Sinne zu sein.

Abbildung 12: Arztbesuche

Medizinische Betreuung durch einen Arzt ihres Vertrauens nehmen alle befragten Personen in Anspruch; zumeist handelt es sich dabei um einen deutschen Arzt, nur in zwölf Fällen um einen Arzt türkischer Herkunft, in 25 Fällen kommt er aus einem anderen Land. Als häufigste Besuchsfrequenz (Abbildung 12) ergibt sich ein- bis dreimal monatlich, dies wurde von 43 Personen angegeben; 21 Personen gehen einmal wöchentlich zum Arzt; immerhin zwölf Personen besuchen ihren Arzt seltener als ein- bis dreimal jährlich, unter ihnen dominieren die Männer (einer hat angegeben, nie zum Arzt zu gehen), während im übrigen die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Besuchshäufigkeit kaum ins Gewicht fallen (Frauen gehen etwas häufiger).

Soziale Netzwerke und Hilfebeziehungen

Kinder und Ehepartner rangieren als wichtigste Kontaktpersonen weit vor allen anderen. Ebenfalls eine große Gruppe stellen Nachbarn und Bekannte und - erst danach - die Enkelkinder dar. Es folgen mit kaum unterschiedlich häufiger Nennung Geschwister und Freunde. Arbeitskollegen, andere Verwandte und die eigenen Eltern fallen als Kontaktpersonen kaum ins Gewicht (Abbildung 13).

Abbildung 13: Häufigste Kontaktpersonen

Zu möglichem Unterstützungsbedarf haben sich nur 12 Personen geäußert, wobei die Bereiche Kochen, Hausarbeit und Körperpflege am häufigsten angeführt worden sind. Bei Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Einsamkeit werden die Ehepartner häufiger genannt als die Kinder, in allen anderen Bereichen - bei Arztbesuchen, Beförderungsproblemen, Geldproblemen, Hausarbeit, Behördenangelegenheiten und beim Einkauf - ist es umgekehrt. Schwiegertöchter (bzw. -söhne) werden erheblich seltener genannt, am häufigsten im Hinblick auf Hausarbeit, auch bei Pflegebedürftigkeit werden sie gelegentlich in Anspruch genommen.

Alltagsgestaltung, Partizipation, Integration

Drei Viertel der befragten Personen verbringen ihre Zeit lieber mit anderen Menschen als allein, fast gleich viel am liebsten zu Hause, was die schon festgestellte Familienorientierung der Migranten noch einmal bestätigt (Abbildung 14). Andererseits werden Aktivitäten außer Haus von 43 Personen gewünscht. Soweit Aktivitäten außer Haus stattfinden und größere Mobilität erfordern, ist das Auto das wichtigste Verkehrsmittel (zu dieser Frage haben aber nur 24 Personen Erklärungen abgegeben). Zwei Drittel der Befragten besuchen mehr oder weniger regelmäßig religiöse Einrichtungen, dabei in Bergkamen relativ und absolut häufiger als in Lünen.

Abbildung 14: Freizeitverhalten

Primäre Informationsquelle ist für die Befragten - wie für die deutsche Bevölkerung - das Fernsehen, und zwar in erster Linie das türkische Fernsehprogramm; daneben wird jedoch das deutsche Fernsehen in Bergkamen 10-mal und in Lünen 14-mal genannt. Die Hälfte der Befragten aus Lünen hat darüber hinaus die türkische Presse als wichtiges Informationsmedium angeführt. In Bezug auf wichtige Lebensbereiche werden freilich häufig Informationsdefizite zugegeben (Abbildung 15). In besonderem Maße trifft dies auf rechtliche und finanzielle Angelegenheiten, Gesundheit sowie Hilfemöglichkeiten im Alter zu, aber zwischen 50 und 60 Personen fühlen sich auch im Hinblick auf Ernährung, Pflege und Wohnen im Alter unzureichend informiert. Besser stellt sich der Informationsstand in puncto Kultur, Bildung, Sport und Begegnung dar.

Abbildung 15: Informationsbedarf

Zwischen der Bekanntheit von Versorgungs- und Hilfeeinrichtungen bzw. -angeboten und einem potenziellen Nutzungsinteresse ergeben sich teilweise eklatante Differenzen (Abbildung 16). Am deutlichsten ist dies bei den Altenwohn- und Pflegeheimen, bei den das Nutzungsinteresse weitaus geringer ist als die Bekanntheit der betreffenden Einrichtungen. Größer als die Bekanntheit ist dagegen das potenzielle Nutzungsinteresse bei Einrichtungen und Angeboten, die selbstständiges Leben in eigener Häuslichkeit auch bei Hilfe- bzw. Pflegebedürftigkeit länger ermöglichen können.

Abbildung 16: Pflege- und Versorgungsangebote

Auch der Blick auf Beratungsdienste (Allgemeiner Sozialdienst der Kommunen, Pflegeberatung, Wohnberatung) und Interessenvertretungen (Seniorenbeirat, Seniorenausschuss, Seniorenbeauftragter u. ä.) zeigt, dass hier bei besserer Bekanntheit Nutzungspotenziale bestehen (Abbildung 17). Einzige Ausnahme sind die Behindertenfahrdienste, die etwas besser bekannt sind, aber weniger Interesse hervorrufen. Ebenfalls übertrifft das potenzielle Nutzungsinteresse die Bekanntheit von Angeboten in den Bereichen Kultur, Sport und Begegnung (Abbildung 18).

Abbildung 17: Beratungsangebote, Interessenvertretungen

Abbildung 18: Kultur, Sport, Begegnung

96 von 100 Befragten haben angegeben, nie Veranstaltungen für ältere Menschen zu besuchen. Unter den Gründen, die hierfür angeführt werden (Abbildung 19), herrschen Unkenntnis über das Programmangebot, Aversion gegenüber organisierten Veranstaltung, sprachliche Probleme und Fremdheitsgefühl vor. Dass Geselligkeit und Unterhaltung als hinreichend empfunden werden und auf den eigenen Bekannten- und Freundeskreis verwiesen wird, kommt seltener vor. Andere Gründe - etwa dass die Veranstaltungsort zu schwer zu erreichen sind, die Veranstaltungen zu unregelmäßig stattfinden oder bei diesen Gelegenheiten nur alte Leute unter sich sind, spielen kaum eine Rolle. Mehr Landsleute bei den betreffenden Veranstaltungen wünscht sich genau die Hälfte der befragten Personen, als Veranstaltungszeit wird der Abend von 46 Personen bevorzugt.

Abbildung 19: Gründe für Nichtteilnahme an Veranstaltungen für ältere Leute

Abbildung 20: Situationen, in denen Deutschkenntnisse nicht ausreichen

Es gibt eine Reihe von Situationen, in denen die deutschen Sprachkenntnisse unzureichend sind (Abbildung 20), wobei die Erledigung von Behördenangelegenheiten herausragt. Sprachschwierigkeiten dürften auch ein Grund sein, dass 93 Personen angegeben haben, Freunde und Bekannte überwiegend türkischer Herkunft zu haben; andererseits ist von 51 Befragten angegeben worden, auch Freunde und Bekannte anderer nationaler Herkunft zu haben, vor allem unter Nachbarn und Arbeitskollegen. Auch wird von 35 Personen türkisches Personal in Pflegeeinrichtungen gewünscht, wobei z. T. noch nach Geschlecht differenziert wird: so haben beispielsweise vierzehn Frauen angegeben, möglichst nur von Frauen gepflegt werden zu wollen. Teilweise bestehende Verständigungsschwierigkeiten haben aber offenbar kaum Einfluss auf das Interesse an Deutschland: insgesamt 66 Personen würden gern weitere Teile Deutschlands kennenlernen, und neben den beiden Männern und Frauen, die bereits eingebürgert sind, streben sechs weiter die Einbürgerung an, sieben sind sich diesbezüglich noch unklar.

Die wichtigsten Ergebnisse

Ausblick

Erste Maßnahmen, die ausgehend von dieser Analyse für 2002 geplant wurden und vom Multikulturellen Forum durchgeführt werden, sind Informationsveranstaltungen für Migrantinnen und Migranten türkischer Herkunft sowie eine Seminarreihe für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Behörden, Dienstleistungsbetrieben, Institutionen, Organisationen etc., deren Kunden bzw. Nutzer ältere Menschen sind.

In Hinsicht auf die Veranstaltungen für die Migranten selbst ist vorgesehen, die Thematik des Älterwerdens in Deutschland zu erörtern, die lokale Versorgungsinfrastruktur bei Hilfe- bzw. Pflegebedürftigkeit vorzustellen sowie die Bestimmungen der Pflegeversicherung zu behandeln. Wichtiger als diese inhaltliche Seite erscheint jedoch angesichts der Erfahrungen in anderen Projekten, die sich auf das Altern von Migranten beziehen, dass die betreffenden Menschen an der Projektgestaltung aktiv beteiligt werden, damit auf ihre spezifischen Bedarfslagen auch spezifisch reagiert werden kann. Veranstaltungsziel ist darum nicht zuletzt, Teilnehmerinnen und Teilnehmer für eine möglichst kontinuierliche Mitarbeit im Projekt zu gewinnen. Diese soll auch bei einem vorangehenden Termin erreicht werden, zu dem die Frauen und Männer eingeladen werden, die interviewt worden sind, um sie mit den Ergebnissen der Befragung bekannt zu machen und sie zum geplanten weiteren Vorgehen zu befragen.

Die Seminare für Fachleute werden sich mit der Lebenssituation und der Zukunft älterer Menschen türkischer Herkunft in Deutschland, kulturspezifischen Bildern des Alterns und die damit verbundenen Einstellungen zum Körper, zu Krankheit und Pflege sowie den Barrieren befassen, die den Zugang von Migrantinnen und Migranten zur Regelversorgung erschweren. Zielsetzung ist die Sensibilisierung für die spezifischen Lebens- und Bedarfslagen dieser Menschen vor dem Hintergrund ihrer kulturellen Herkunft.