Protokoll
der Personalentwicklung auf der Fachtagung ‚Interkulturelle Altenpflege –
von der Theorie zur Praxis’ am 22.01.2002 in Königswinter; Projekt [iku:]
Arbeitsgruppe Personalentwicklung
ReferentInnen
Hans Küpper, Organisationsberater, Bochum
Silva Demirci, Caritasverband e.V., Berlin
Moderation
Jens Friebe, DIE Bonn
Protokoll
Philipp Kolb
Hans Küpper, Organisationsberater aus Bochum, zeigt anhand eigener Erfahrungen in Westafrika wie er als „geschickter" Experte die Kompetenz der einheimischen Bevölkerung in einem Gesundheitszentrum kennen gelernt hat. Daher geht es ihm mehr um Kompetenzförderung als um Personalentwicklung. Am Beispiel der Berufsbiographie einer aus Portugal stammenden Pflegedienstleitung zeigt er auf, dass sich Herkunft und Migrationserfahrung, sowie situatives Einfühlungsvermögen zu einer zentralen Führungskompetenz zusammenfügen.
Silva Demirci, Caritasverband Berlin, schildert aus ihrer Beratungspraxis ein Beispiel einer ambulanten „Kiez"- pflege. Nachdem dort der Bedarf an multikultureller Altenpflege ermittelt worden war, wurde ein multikulturell- orientiertes Marketing und Kommunikationskonzept entworfen
und zugleich Pflegekräfte mit Migrationshintergrund eingestellt.
Die Diskussion stellt sich wie folgt da:
- Nachfragen zum Impulsvortrag von Frau Demirci bezogen sich auf die kollektive Organisationsform und die Finanzierungsgrundlagen des beschriebenen ambulanten Pflegedienstes.
- Es wurde festgestellt, dass in stationären Einrichtungen häufiger multikulturelle Teams anzutreffen sind als in ambulanten Diensten.
- Weiterhin wurde darauf hingewiesen, dass Mehrsprachigkeit nicht nur als Ressource sondern auch als Problem angesehen werden könne, wenn wie im Falle der Pflegedokumentation die Kenntnisse der deutschen Sprache in der Schrift nicht ausreiche. Es wurde moniert, dass die Fixierung auf die schriftliche Dokumentation oft psychische Barrieren und Karrierehindernisse für zugewanderte Pflegekräfte darstelle. Die Praxis jedoch zeige eine deutliche Überwertung der Schriftlichkeit.
- Ein weiterer Diskussionspunkt stellte die Überforderung von Pflegekräften mit Migrationshintergrund in der Übersetzung von Fachtermini in der Muttersprache dar. So wurde auch auf Sensibilitäten beim Umgang von MuttersprachlerInnen im Verhältnis Pflegekraft-KlientIn hingewiesen. Illustriert wurde diese Problematik u. a. mit dem Hinweis auf die möglicherweise unterschiedliche Bedeutung der Rolle als Pflegekraft in anderen Ländern.
- Es wurde beanstandet, dass der hohe Prozentanteil der nichtexaminierten Pflegekräfte, zu dem das Gros der Pflegkräfte mit Migrationshintergrund zähle, von Fortbildungs- und Karriereförderungen ausgeschlossen sei. Problematisch sei in diesem Zusammenhang auch die schwierige Vergleichbarkeit und Anerkennung von Qualifikationen aus den Herkunftsländern der zugewanderten Pflegekräfte.
- Als Rotes Tuch für konfessionsgebundene Altenpflegeträger erweise sich mitunter die Religionsthematik. Obwohl multikulturelle Teams auf die religiösen Bedürfnisse der Klienten angemessener reagieren könnten, stelle beispielsweise das Bekenntnis zum Islam häufig ein Reizthema für konfessionsgebundene Pflegeträger dar
- Nachdrücklich befürwortet wurde die Integration von Auslandsaufenthalten zur Entwicklung resp. Förderung interkultureller Kompetenz in die Altenpflegeausbildung.
- Im Workshop wurde deutlich, dass multikulturelle Teams bisher zu stark aus der Defizitperspektive betrachtet werden. Der Pflegenotstand kann nicht stets durch angeworbenes Pflegepersonal gelöst werden. Die Attraktivität des Berufes solle für deutsche und ausländische Pflegekräfte gesteigert werden. Personalentwicklung muss auch für Pflegekräfte mit Karriereplanung verbunden werden. Nur durch qualifizierte Pflegekräfte könnten die zukünftige Pflegebedarfe älterer Menschen mit oder ohne Migrationshintergrund gedeckt werden.