Was hat ökologisches Bauen mit Bildung zu tun? Wie kommt Bildung in Bewegung? Wie schafft man Lust auf Bildung? Wie wird Politik zum Gesellschaftsspiel? Und: Was haben Posaune und Trommel mit Sprachenlernen zu tun? Fünf Fragen, auf die es am 16. Mai 2001 fünf sehr überzeugende Antworten gab. Denn an diesem Tag verlieh eine unabhängige Jury im Auftrag des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE) in Frankfurt/M. vor 140 geladenen Gästen aus Wissenschaft, Politik und Praxis der Weiterbildung den Preis für Innovation in der Erwachsenenbildung 2001. Er ging gleichrangig an fünf Projekte in der Weiterbildung, die neuartige Lernvoraussetzungen geschaffen, ungewohnte Lernorte gefunden oder Lernprozesse auf bislang unübliche Weise neu arrangiert haben. Der vor sechs Jahren vom DIE ins Leben gerufene Preis spürt innovative und kreative Ansätze in der Erwachsenenbildung auf und zeigt, wie sich Bildung heute den gesellschaftlichen Herausforderungen stellt.

Innovation ist ein viel verwendeter Begriff. Auch im Bildungsbereich. Hier richtet sich Innovation gegen Verkrustung und Verschulung, gegen Einförmigkeit und die mangelnde Orientierung an der Praxis und den praktischen Bedürfnissen der Lernenden. Und das durchaus erfolgreich. Die mit dem diesjährigen „Preis für Innovation in der Erwachsenenbildung“ ausgezeichneten fünf Projekte zeigen, dass man Lernende dort abholen muss, wo sie stehen, dass man den Alltag und das Umfeld der Lernenden einfallsreich und gewinnbringend in Lernprozesse einbeziehen kann, dass Lernen Spaß machen kann und – nicht zuletzt – dass ungewöhnliche und spielerische Ansätze kombiniert mit traditionellen Lernformen sehr erfolgreich sind. Die kurze Darstellung der ausgezeichneten Projekte beweist es: Wie wird Politik zum Gesellschaftsspiel? Mit ihrem Projekt „Democards – Aktivkurs Politik“ haben Siegfried Schiele und Xaver Fiederle mit einem Projektteam der Landeszentrale für Politische Bildung Baden-Württemberg, Stuttgart, ein mobiles Kartensystem zum politischen Lernen in gesellschaftlichen Spannungsfeldern kreiert. Die insgesamt 150 mit Bildern versehenen Democards sind Karten für Demokraten und Demokratinnen, Eintrittskarten in die politische Bildung, Spielkarten für Neugierige, Postkarten für politische Kommunikation – und noch viel mehr. Zugrunde liegt ihnen die Idee mündiger Bürgerinnen und Bürger, die sich selbstbestimmt für ihre Bildungsziele entscheiden. Entsprechend vielfältig können sie eingesetzt werden: in der Schule, in der außerschulischen Bildung, in selbstorganisierten Zirkeln oder zum Arbeiten mit einer oder in der Gruppe. Ihre verschiedenen thematischen und methodischen Bausteine garantieren eine große Gestaltungsfreiheit, von einem zweistündigen Gespräch bis zu einem einwöchigen Intensivkurs kann man alles mit ihnen machen. Kontakt: Landeszentrale für politische Bildung, Sabine Keitel, Stafflenbergstr. 38, 70184 Stuttgart, Fon 07 11 / 16 40 99-62, Fax 07 11 / 16 40 99-7, E-Mail: Sabine.Keitel@lpb.bwl.de Was haben Posaune und Trommel mit Sprachenlernen zu tun? oder: Was hat Intonation mit Integration zu tun? Sehr viel, denn „über die Aussprache bleiben die Leute immer Fremde“, sagt Sandra Kroemer, Mainz. Mit ihrem Projekt „Intonation über Rhythmus und Klang“ hat sie ein didaktisch sehr gut fundiertes und zugleich spielerisches Lernprogramm für den Bereich „Deutsch als Fremdsprache“ entwickelt. In drei Stufen wird Lernern die Rhythmik der deutschen Sprache vermittelt – und hier kommen Trommel und Posaune ins Spiel: Klatschend und trommelnd oder auch mit Körperbewegungen werden Silbenrhythmus und Akzente quasi „vorsprachlich“ erfahren. Mit der Posaune werden dann die Tonhöhen, also die spezielle Intonation des Deutschen nachgeahmt und damit bewusst wahrgenommen. In der dritten und letzten Stufe geht es schließlich um Vorlesetraining und freies Sprechen. Kontakt: Sandra Kroemer, Drususstr. 14, 55131 Mainz, Fon 0 61 31 / 57 78 95, E-Mail SandraKroemer@aol.com Wie kommt Bildung in Bewegung? Wegen langer Anfahrtszeiten zur Arbeit keine Zeit, um abends seine Sprachkenntnisse in einem Kurs aufzufrischen? Ein Problem, das Pendler von Reutlingen nach Stuttgart nicht mehr haben. Sie können nämlich in der exakt 47 Minuten währenden Zugfahrt gemeinsam mit fünf anderen Pendlern und einer Dozentin in einem Erste Klasse-Abteil der Deutschen Bahn in der Fremdsprache parlieren. Diese rollenden Konversationskurse bietet die Volkshochschule Reutlingen gemeinsam mit der für diese Bahnstrecke zuständigen Nahverkehrsgesellschaft an. Entwickelt wurde das Angebot „Fremdsprachen-TRAINing auf der Schiene“ von Susanne Fuchs, die auch die Kooperation mit der DB auf den Weg gebracht hat. „Für die Bahn bedeutet dieses Angebot auch eine Verbesserung ihrer Serviceleistung“, erklärt sie. Als Gegenleistung stellt sie das 1. Klasse-Abteil (auch für Kunden 2. Klasse) zur Verfügung und zahlt die Fahrscheine für die Lehrkräfte. Das Angebot soll übrigens noch erweitert werden... Kontakt: Susanne Fuchs, Volkshochschule Reutlingen GmbH, Spendhausstr. 6, 72764 Reutlingen, Fon 07121 / 33 61 35 Wie schafft man Lust auf Bildung? Marketing- und PR-Kampagnen für Bildung? Nicht für alle, aber immer noch für viele Volkshochschulen ist dies nicht selbstverständlich. Denn dass Bildung und Lernen wichtig ist, scheint vielen Pädagogen so selbstverständlich zu sein, dass sie meinen, am Image ihrer Volkshochschule nichts verbessern zu müssen. Das ist ein Trugschluss. Eine Studie zeigte, dass Volkshochschulen von Nutzern sehr positiv beurteilt werden, Nicht-Nutzer hingegen kein gutes Bild von diesen Weiterbildungseinrichtungen haben. Und um die geht es ja schließlich auch, wenn Weiterbildung heute als unabdingbar angesehen wird. Mit einer entsprechenden Kampagne hat eine Gruppe Studierender der Hochschule der Künste zu Berlin diese Erkenntnis aufgegriffen. Mit ihrem Projekt „ImageBildung“ haben sie Weiterbildung aus dem Kontext von Schule und Lernen herausgenommen und in das positiv besetzte Umfeld von Essen und Trinken verlagert. Nahrungsaufnahme weckt sinnliche Assoziationen und ist ein leicht verständliches Synonym für Bildungshunger und –konsum, da beides verdaut wird. In diesem Sinne „volkshochschule = lecker kurse“! Kontakt: Martina Buchwalder, Berlin Konstanzer Str. 57, 10707 Berlin, Fon 030 / 88 62 88 13, E-Mail mb@atlantis-multimedia.de Was hat ökologisches Bauen mit Bildung zu tun? Welchen Weg kann man einschlagen, um Menschen im 21. Jahrhundert für ökologische Fragestellungen zu sensibilisieren? Man baut mit ihnen ein Haus. Und zwar ein ökologisches. So getan in Oesede in der katholischen Landvolkshochschule. Ein Neubau nach ressourcenschonenden Kriterien war ohnehin geplant, da lag die Idee nahe, schon während der Bauphase interessierten Gruppen Führungen und Tagungen anzubieten. Zu einzelnen Projekten wie bspw. Lebende Dächer oder Pflanzenkläranlagen wurden Seminare angeboten, Bewohner der Region arbeiteten ehrenamtlich mit ökologischen Materialien am Neubau mit und erwarben sich so praktische Fachkenntnisse, die sie in ihrem eigenen Alltag, resp. bei ihrem Haus(um-)bau gewinnbringend umsetzen können. Das Projekt „Auf die Zukunft bauen“ zeigt, wie ökologische Bildung ganz praktisch vermittelt werden kann, und wie Menschen, die das politische Leben eines Kreises prägen, auf ganz neue Art den Zusammenhang von Ökologie und Landwirtschaft erfahren. Kontakt: Franz Loth, Katholische Landvolkshochschule Oesede, Gartbrink 5, 49124 Georgsmarienhütte, Fon 0 54 01 / 8 66 80, Fax 0 54 01 / 64 43, E-Mail loth@klvhs-oesede.de Mit dem „Preis für Innovation in der Erwachsenenbildung“ spürt das DIE neuartige Ansätze in der deut-schen Erwachsenenbildungsszene auf, ermöglicht eine Diskussion über das „Was“ und „Wie“ von Innovation und lotet den Rahmen innovativer Entwicklungen im erziehungswissenschaftlichen Bereich aus. Damit gibt das Leibniz-Institut sowohl den Praktikerinnen und Praktikern in der Weiterbildung als auch den Wis-senschaftlerinnen und Wissenschaftlern nicht nur wichtige Impulse für die Entwicklung der Erwachsenenbildung, sondern bietet ihnen auch eine Orientierung, wie sich Bildung den gesellschaftlichen Herausforderungen stellen kann. Die Jury des „Preises für Innovation in der Erwachsenenbildung 2001“: PD Dr. Hannelore Bastian, Volks-hochschule Hamburg; Dr. Martina Ernst, Vereinigung der Industrie- und Handelskammern in Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf; Prof. Dr. Klaus Götz, DaimlerChrysler AG, Stuttgart; Univ. Doz. Dr. Elke Gruber, Universität Graz, Institut für Erziehungswissenschaften; Prof. Dr. Erhard Schlutz, Vorsitzender der Jury, Universität Bremen; Prof. Dr. Gisela Wiesner, Technische Universität Dresden, Fakultät für Erziehungs-wissenschaften; Prof. Dr. Rainer Zech, ArtSet Institut für kritische Sozialforschung und Bildungsarbeit, Hannover. Weitere Informationen: Christine Schumann, Öffentlichkeitsarbeit, Deutsches Institut für Erwachsenenbil-dung, Hansaallee 150, 60320 Frankfurt/M., Fon 069/95626-177, Fax -174; e-mail schumann@die-frankfurt.de Das DIE gehört mit 77 anderen außeruniversitären Forschungseinrichtungen zur Wissenschaftsgemein-schaft Gottfried Wilhelm Leibniz e.V. (WGL). Das Spektrum der Leibniz-Institute ist breit und reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften und Museen mit angeschlossener Forschungsabteilung. Die Institute arbeiten nachfrageorientiert und interdisziplinär. Sie sind von überregionaler Bedeutung, betreiben Vorha-ben im gesamtstaatlichen Interesse und werden deshalb von Bund und Ländern gemeinsam gefördert. Näheres unter: http://www.wgl.de

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