Von Arbeitslosen wird viel erwartet: Sie sollen so etwas wie biographische Selbstorganisation und berufliches Selbstmanagement beherrschen und die Bereitschaft und Fähigkeit zur Selbstverantwortung übernehmen. Wie realistisch sind diese Anforderungen? Und welche Unterstützungsleistungen sind notwendig? Mit diesen Fragen befasste sich am 18. September 2002 die Abschlusstagung des DIE-Projektes Transferqualifikationen, das für die Laufzeit Oktober 1999 bis September 2002 vom BMBF gefördert wurde. Neben interessanten Diskussionen mit Betroffenen aus Auffanggesellschaften wurde ein vom DIE entwickeltes Curriculum zur Förderung (berufs-)biographischer Gestaltungs- und Steuerungskompetenzen vorgestellt. Es will die Fähigkeit der Erwerbslosen fördern, ihre Erwerbsbiographie bilanzierend zu bewerten und auf dieser Grundlage berufliche Entscheidungen zu fällen. Das Curriculum kann gegen einen Selbstkostenpreis beim DIE angefordert werden.

Berufliches Selbstmanagement, biographische Selbstorganisation, die Bereitschaft und Fähigkeit zur Selbstverantwortung - über alle diese Eigenschaften sollen Arbeitslose verfügen. Wie realistisch sind diese Anforderungen? Und welche Unterstützungsleistungen sind notwendig? Mit diesen Fragen befasste sich die Abschlusstagung des DIE-Projektes Transferqualifikationen, das von Oktober 1999 bis September 2002 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wurde. Den Beginn der Tagung bildete ein materialreiches Impulsreferat von Prof. Dr. Ali Wacker von der Universität Hannover, dem Nestor der Arbeitslosenforschung in Deutschland. Er gab einen Überblick über verschiedene Phasen der Arbeitslosenforschung bis hin zu den aktuell in der Diskussion befindlichen Belastungs-Bewältigungs-Modellen, die auf die engen Wechselwirkungen von affektiver und kognitiver Verarbeitung der Erwerbslosigkeit hinweisen. Darüber hinaus nannte er zahlreiche empirische Befunde, die nahe legen, dass die subjektive Erfahrung und Verarbeitung von Erwerbslosigkeit sehr heterogen ist. Er zeigte aber auch die Kontinuität der politischen Behandlung der Arbeitslosigkeit auf unter dem Motto „Der Arbeitslosigkeit Herr werden, bedeutet, den Arbeitslosen Herr zu werden“. Demgegenüber wäre es von Nöten, dass alle Formen der gesellschaftlichen Begleitung, Beratung und Unterstützung die persönlichen Ressourcen der Arbeitslosen stärken. Dieses Motto griff Rüdiger Preißer in seinem Referat über die wissenschaftlichen Befunde aus dem DIE-Projekt Transferqualifikationen auf, in dem fast 60 Erwerbslose befragt wurden. Er berichtete, dass die wenigsten Befragten in der Lage gewesen seien, ihre fachlichen, noch weniger aber ihre überfachlichen Kompetenzen zu benennen und sie deshalb auch nicht strategisch – etwa in Bewerbungen – einsetzen könnten. Weiterhin sei ihre „Bewältigungsstrategie“ überwiegend von einer ausgesprochenen Konsumhaltung gegenüber dem Arbeitsamt geprägt und schließlich hätten die meisten Befragten selbst keine Präferenzen, geschweige denn Ziele oder Pläne über ihre berufliche Zukunft entwickeln können. Angesichts dieser Befunde benötigten sie systematische Hilfestellungen, wie sie in einem Curriculum zur Beratung und Unterstützung von Erwerbslosen gegeben werden. Das Curriculum wurde im Projekt Transferqualifikationen entwickelt, bereits erprobt und von Barbara Wirkner in ihrem Vortrag vorgestellt und erläutert. Es beruht auf dem Konzept des „biographischen Lernens“ und hat zum Ziel, das Selbstwertgefühl der Erwerbslosen zu stärken sowie die Fähigkeit zu fördern, ihre Erwerbsbiographie bilanzierend zu bewerten und auf dieser Grundlage berufliche Entscheidungen zu fällen. In diesem Sinne dient dieses Curriculum dazu, die (berufs-)biographischen Gestaltungs- und Steuerungskompetenzen von Erwerbslosen zu fördern. Im Anschluss an die Referate entspannte sich eine lebhafte Diskussion zu verschiedenen Aspekten solcher Unterstützungsmaßnahmen. Aufgrund der Expertise der Teilnehmer/innen des Workshops, die zum großen Teil aus Auffang- und Beschäftigungsgesellschaften kamen, war sie nicht nur spannend, sondern auch ertragreich. Das Leitmotiv des Curriculums wurde überwiegend begrüßt: Erwerbslose müssen dabei unterstützt werden, ihre beruflich und außerberuflich erworbenen Erfahrungen und Kompetenzen selbst zu entdecken, zu bilanzieren und zu bewerten, weil nur auf diese Weise ihre Autonomie und Verantwortungsbereitschaft für die eigene Erwerbskarriere gefördert werde, die im Hinblick auf Vergangenheit und Zukunftsgestaltung und somit für ihre berufliche Planungs- und Entscheidungsfähigkeit erforderlich sei. Dieser Grundgedanke wurde auf einer abschließenden Podiumsdiskussion dahingehend verallgemeinert, dass auch in anderen Feldern der Erwachsenenbildung die Förderung von Autonomie und Selbstgestaltungsfähigkeit häufiger das Ziel von Weiterbildungsmaßnahmen sein müsse. Das Curriculum mit einer ausführlichen Beschreibung sowie einer Zusammenfassung der Projektergebnisse ist gegen einen Selbstkostenpreis beim DIE erhältlich.

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