Veronika Fischer, Fachhochschule Düsseldorf, Dezember 2000


Leben mit anderen

Einführungsreferat zum DIE-Forum Weiterbildung 2000 "Zukunftsfelder der Weiterbildung"

 

Der Titel meines Referates lautet "Leben mit anderen". Nehme ich diesen Titel genauer unter die Lupe, dann stellt sich zunächst die Frage, wer denn überhaupt mit den anderen gemeint sein kann. Ganz allgemein könnte ich von der anthropologischen Grundtatsache ausgehen, dass ein Leben ohne die anderen grundsätzlich nicht denkbar ist. Wir sind in unserer Menschwerdung vom ersten Tag unseres Lebens an auf die anderen angewiesen. Das Leben mit anderen begleitet uns während unseres ganzen Lebenszyklus. Unsere Identität oder unser Selbstbewusstsein entwickelt sich in der Interaktion mit anderen. Das, was daraus entsteht, meine Identität und die der anderen, ist ein kulturelles Konstrukt. In dieser Allgemeinheit sind die anderen alle, die neben und außer mir noch Existenz haben und zu denen ich mich immer wieder in Beziehung setze. Wie diese wechselseitigen Beziehungen gestaltet, durch welche Verwerfungen sie geprägt sind und auf welchem Grundkonsens sie ggf. basieren, hängt von ihrem gesellschaftlichen Kontext ab.

Unsere eigenen Erfahrungen lehren uns, dass dieses Miteinander immer wieder in Frage gestellt wird. Gewalttaten, Anfeindungen und Ressentiments gegenüber Menschen anderer Hautfarbe, Religion, Ethnie, Weltanschauungen, Lebensstile, gegenüber Behinderten, Homosexuellen oder Obdachlosen etc. verdeutlichen, dass das gesellschaftliche Zusammenleben vielfach spannungsgeladen und konflikthaft verläuft, dass Aus- und Abgrenzungen erfolgen und der gemeinschaftliche Wertekonsens, wurzelnd in den Verfassungsprinzipien, brüchig zu werden scheint.

Angesichts zunehmender Gewalttaten gegenüber Zugewanderten will ich in meinem Referat schwerpunktmäßig auf das Verhältnis von Autochthonen (den hier Geborenen) und Allochthonen (den an anderer Stelle Geborenen) und ihrer Nachkommen eingehen, die vielfach als fremde andere in den Blick geraten.

Es geht im Folgenden um die Fragen,

Diese Fragen sind letztlich nicht losgelöst von gesellschaftspolitischen Entwicklungen zu stellen und daher nicht allein von Erziehung und Bildung zu bearbeiten, geschweige denn von Erziehung und Bildung zu lösen. Mit diesen Fragen sollte skizziert werden, welches Assoziationsspektrum durch den Titel eröffnet wird und welche leitenden Fragestellungen daraus resultieren.

1. Leben in der Weltgesellschaft - Globalisierung und Multikulturalität

In seinem Buch "Was ist Globalisierung?" stellt Ulrich Beck (1998, 17) heraus, dass wir längst in einer Weltgesellschaft leben, und zwar in dem Sinne, dass die Vorstellung von geschlossenen Räumen fiktiv sei. Kein Land, keine Gruppe könne sich gegeneinander abschotten. Nichts, was sich auf unserem Planeten abspielt - so der Tenor - ist nur ein örtlich begrenzter Vorgang, sondern alles ist in ein komplexes System eingebunden, das räumlich über nationale Grenzen hinweg funktioniert und sich durch Differenziertheit, Interdependenz und Dichte auszeichnet. Verschiedene nicht revidierbare Tendenzen haben dazu geführt:

Migration ist ein entscheidender Katalysator, der diese Entwicklung beschleunigt und zu Differenzen und Vielfalt in unseren Lebensräumen geführt hat. Sicherlich müssen wir feststellen, dass immer noch an der nationalstaatlichen Konstruktion festgehalten wird und es zu den Antagonismen unserer Zeit gehört, dass es formal noch nationalstaatliche Territorien gibt bei gleichzeitiger Existenz transnationaler Verbünde, dass es nationale Gesinnung gibt inmitten einer multikulturellen Gesellschaft, dass es eine regionale Verbundenheit gibt bei gleichzeitig wachsender Mobilität.

Auf die Frage, ob er an die multikulturelle Gesellschaft glaube, antwortete Salman Rushdie: "Was ist die Alternative? Sollen wir denn alle in kleinen Schachteln leben? Hier gibt es eine große Herausforderung für Europa. Es kann schwierig sein, dieses Ziel zu erreichen, aber ich sehe keine Möglichkeit. Wir können nicht wählen, wir müssen herausfinden, wie eine multikulturelle Gesellschaft funktionieren kann..."(zit. in: Seibel 1994, 99).

Auch Bevölkerungswissenschaftler warnen davor, die Augen vor dieser Entwicklung zu verschließen und konstatieren, dass Deutschland seit 2 bis 3 Jahrzehnten de facto ein Einwanderungsland sei. Überdies könne das Land nicht mehr wählen, ob es in Zukunft ein Einwanderungsland bleiben will, wenn es wirtschaftlich konkurrenzfähig sein wolle und auf ein Reservoir entsprechend qualifizierter Arbeitskräfte zurückgreifen möchte. Prognosen zufolge könne Deutschland, ähnlich wie Italien, Spanien, Griechenland und die meisten anderen europäischen Länder, dem dramatischen Schrumpfungsprozess seiner Bevölkerungszahl nur durch Einwanderung entgegenwirken. Das habe vor allem mit der niedrigen Geburtenrate auf dem Niveau von 1,2 bis 1,4 Kindern je Frau zu tun. In Deutschland z.B. - so lauten die Prognosen der Demographen - würde die Bevölkerungszahl bis zum Ende des nächsten Jahrhunderts ohne Einwanderungen von 82 Mio. auf 25 - 30 Mio. abnehmen.

Dies sind also die Prognosen und Hochrechnungen der Demographie. Sie gehen von der Prämisse aus, dass Einwanderung nötig ist, um ein entsprechendes Arbeitskräftepotenzial zur Verfügung zu haben. Bisher hat die Regierung allerdings - ähnlich wie auch jetzt wieder im Fall der green-card-Regelung - je nach Bedarf der Wirtschaft den Arbeitsmarkt für Migranten geöffnet und trotz geltendem Anwerbestopp immer wieder Arbeitnehmer partiell für bestimmte Arbeitsmarktsegmente zugelassen. So will die Bundesregierung - laut Kanzler Schröder - künftig nicht nur Spezialisten der Informations- und Kommunikationsbranche, die aus Nicht-EU-Staaten kommen, den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt ermöglichen, sondern auch Ingenieuren und Maschinenbauern (FR 22.11.2000). So hat sich Ausländer- und Anwerbepolitik immer wieder als ein Instrument zur Regulierung des Arbeitsmarktes herausgestellt. Dieses Instrument ist aber offensichtlich an seine Grenzen gestoßen. Erst knapp ein Drittel des vorgesehenen green-card-Kontingents ist mit den 3000 bis jetzt ausgestellten green-cards ausgeschöpft (FR 22.11.2000). Viele der hochqualifizierten Fachkräfte aus dem Ausland finden in der Bundesrepublik keine attraktiven Rahmenbedingungen für eine Etablierung vor:

Nur ein Einwanderungsgesetz könnte zumindest an den rechtlichen Bedingungen etwas ändern. Erste Anzeichen für einen Meinungswandel hinsichtlich des Themas Einwanderung scheint es zu geben.

Es ist ein Novum in der Nachkriegsgeschichte, dass inzwischen auch die Bundesregierung mit der Einrichtung einer entsprechenden Kommission den Einwanderungstatbestand anerkannt hat. Es bleibt allerdings eine Zukunftsaufgabe, die Auswirkungen von Globalisierung und Multikulturalität zu gestalten, Bürger und Bürgerinnen mit Migrationskontext in dieser Gesellschaft als gleich und gleichwertig anzuerkennen und in ihrem jeweiligen Lebensstil, z.B. mit ihren unterschiedlichen religiösen Orientierungen, als Mitglieder dieser Gesellschaft von vornherein anzuerkennen. Dass wir noch sehr weit von diesem Ziel entfernt sind, soll Thema des nächsten Abschnitts sein.

2. Segregation und Asymmetrien

Die Globalisierungsprozesse hinterlassen nicht nur in dem o.a. Sinne tiefe Spuren in der Aufnahmegesellschaft. Sie sind zugleich mit Prozessen der Segregation verbunden, die zu einer Schlechterstellung der zugewanderten Minoritäten und zu einer Asymmetrie im Verhältnis zwischen Minoritäten und Angehörigen der Majorität führen.

Segregation lässt sich feststellen:

Zum ökonomischen Bereich:

Ausländische Arbeitskräfte verdienen im Durchschnitt weniger als Deutsche, was u.a. mit geringerer Qualifikation der Migranten, "ungünstigen" Branchen, geringer Kapitalausstattung des Arbeitsplatzes und Einstellungsstrategien der Arbeitgeber zu tun hat (Bericht 1995, 36). Die Segregation auf dem Arbeitsmarkt wird durch die gegenüber den deutschen Arbeitskräften höher ausfallende Arbeitslosenquote noch verschärft. Der Zuwachs an Langzeitarbeitslosen und Arbeitskräften ohne abgeschlossene Berufsausbildung fällt dabei besonders auf. Wege aus der Arbeitslosigkeit, die manchmal durch Maßnahmen beruflicher Fortbildung und Umschulung eröffnet werden, können nicht beschritten werden, weil in vielen Fällen sprachliche, fachliche oder allgemeine Kenntnisse fehlen, die als Eingangsvoraussetzung für die Maßnahmen gelten, weil die Betroffenen schlecht informiert sind oder weil sich die Arbeitsämter und Maßnahmeträger nicht auf die besondere Lage der Betroffenen adäquat einstellen.

Auf rechtlicher Ebene ist eine Deklassierung zu Bürgern und Bürgerinnen zweiter Klasse erfolgt, deren Aufenthaltsbedingungen und politischen Rechte durch eine Sondergesetzgebung in Form des Ausländergesetzes geregelt werden. Zwar ist mit dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht (ab 1. Januar 2000) ein wichtiger Wandel vom ius sanguinis zum ius soli vollzogen worden und einem Teil der ausländischen Bevölkerung der Einstieg in die deutsche Staatsbürgerschaft mit den vollen Bürgerrechten erleichtert worden. Allerdings zeichnet sich bereits jetzt ab, dass die erwartete Einbürgerungswelle ausbleibt und das neue Recht von den Betroffenen nur zögerlich angenommen wird (in NRW lag die Zahl der Einbürgerungsanträge in I/2000 lediglich 20% über dem Vorjahr, FR 25.11.2000). Die bürokratischen Hürden (Sprachtest, Gebühren etc.) und Unklarheiten bei der Auslegung des Gesetzes schrecken offensichtlich viele Migranten ab.

Weitere Ausgrenzungsformen finden sich im kulturellen Bereich, etwa in der mangelnden Berücksichtigung der Migrantensprachen und Kulturen in den Institutionen des Bildungswesens, was zu bildungsmäßigen Benachteiligungen führt, die sich u.a. in Schulabbruch, Schulversagen und niedrigen Schulabschlüssen niederschlagen (Bericht 2000, 116). Unterrepräsentiert sind die Kulturen der Migranten auch in den Medien und im kulturellen Sektor (Theater, Film, Museen, Lesungen etc.) (Bericht 2000, 164 ff).

Auf der sozialen Ebene zeichnet sich die Segregation z.B. im Wohnbereich ab, wo sich ethnische Minderheiten in sozial deklassierten Stadtteilen konzentrieren. Diese Form der Segregation wird durch die Struktur des Wohnungsmarktes und die Wohnungsvergabe verstärkt, sie spiegelt nicht unbedingt die Bedürfnisse der ausländischen Bewohner und Bewohnerinnen wider. Das Ausmaß der räumlichen Segregation ist nicht überall gleich. "Insgesamt muß man jedoch von einer ‚generellen Beschränktheit des Wohnungsangebots für Ausländer’ ausgehen, ‚von der auch die Ausländer mit höherer Integration (in das Statussystem; A.T.) betroffen sind’ (Bühler 1982: 445)" (Treibel 1990, 149).

Noch immer kann man im Sinne von Hoffmann-Nowotny von einer gesellschaftlichen Unterschichtung durch Zuwanderung sprechen (Treibel 1999, 183). Segregationstendenzen sind auf verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen festzustellen und machen deutlich, dass die Spaltung zwischen deutscher Majorität und ethnischen Minderheiten auch struktureller Natur ist und nicht einfach durch pädagogischen Voluntarismus beiseite zu schieben ist.

3. Die fremden anderen oder die Angst vor dem Anderen

Treibel (1999, 185) weist in Anlehnung an Hoffmann Nowotny auf den Zusammenhang zwischen struktureller Ausgrenzung und Diskriminierung hin und betont, dass Versuche einer massiven Abwehr der Einwanderer und Einwanderinnen - etwa in Form organisierter Initiativen gegen Ausländer - nicht einfach als "Fremdenhass im Sinne eines Persönlichkeits-Defektes der Anhänger und Anhängerinnen dieser Initiativen verstanden werden können. Vielmehr sind sie Ausdruck sozialer Spannungen, die im Kontext einer geschichteten Weltgesellschaft und unterschichteter Aufnahmegesellschaften zu sehen sind." Diskriminierung und Abwehr der Zugewanderten sind dann als ein Versuch der Einheimischen zu werten, die eigenen Privilegien und den höheren sozialen Rang gegen Ansprüche von außen zu verteidigen und den Zugewanderten die Nicht-Zugehörigkeit zur Mehrheitsgesellschaft zu demonstrieren.

Solche ethnischen Differenzierungen sind Grenzziehungen und Distanzierungen, die mit Merkmalszuschreibungen einhergehen, die das definieren, was die eigene kollektive Identität ausmacht und die das ausgrenzen, was als fremd und nicht zugehörig empfunden wird. Memmi (1987, S. 122) prägte in diesem Zusammenhang den Begriff der Heterophobie, der Angst vor dem Anderen: "Damit ließen sich jene phobischen und aggressiven Konstellationen begrifflich fassen, die gegen andere gerichtet sind und mit unterschiedlichen - psychologischen, kulturellen, sozialen oder metaphysischen - Argumenten gerechtfertigt werden, und von denen der Rassismus im engeren Sinne lediglich eine Variante wäre." Der Begriff Rassismus wird nach Memmi dann jenen Zuschreibungen vorbehalten, die biologischen Unterschieden zwischen den Menschen den höchsten Rang einräumen.

Dem Begriff der Heterophobie kommt der Begriff der Fremdenfeindlichkeit wohl am nächsten, den viele Autoren wählen, um eine Haltung zu kennzeichnen, die in der aggressiven Abwehr all dessen besteht, was im Unterschied zur Wir-Gruppe als fremd, andersartig und die eigene kollektive Identität bedrohend empfunden wird. Auf der soziologischen Ebene geht es um die Wahrung eigener Privilegien, psychologisch betrachtet steht Fremdenfeindlichkeit in engem Zusammenhang mit dem eigenen Selbstwert-Erleben. Ist dies ohnehin nur schwach, dann wird alles Fremde, was die eigene Identität in Frage stellen könnte, als Angriff erlebt.

Die "Allgemeine Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften" (ALLBUS), die vom Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen (ZUMA) in Mannheim konzipiert und durchgeführt wird, stand 1996 unter dem Themenschwerpunkt "Einstellungen zu ethnischen Gruppen in Deutschland und zur Immigration". Die Auswertung dieser Daten eröffnet einige Aufschlüsse über die Meinungen und Einstellungen gegenüber "Ausländern", die - wenn auch ein Meinungsspektrum aus dem Jahr 1996 widerspiegelnd - zum damaligen Zeitpunkt als weitgehend repräsentativ für die deutsche Gesamtbevölkerung angesehen werden. Ganter/Esser referieren folgende Befunde:

(zit. in: Ganter/Esser 1998, 41f)

Was die rechtliche Gleichstellung angeht, lehnt fast jeder zweite Befragte die Ermöglichung einer doppelten Staatsbürgerschaft bzw. die Einführung des kommunalen Wahlrechts ab. Etwa ein Viertel der Befragten vertritt darüber hinaus die Meinung, Ausländer sollten nicht die gleichen Ansprüche auf Sozialleistungen haben wie Deutsche. Auch diese Meinungen bringen eine diskriminierende Haltung gegenüber Minderheiten zum Ausdruck.

Diese Ergebnisse sind nochmals besonders interessant vor dem Hintergrund der tatsächlichen Kontakte zu Ausländern. Die Meinungsbildung über Migranten beruht nicht unbedingt auf tatsächlichen Erfahrungen im Umgang mit ihnen. Nur knapp 60% geben an, überhaupt Kontakte zu Ausländern zu haben, wobei große Unterschiede zwischen den Befragten aus den alten und neuen Bundesländern bestehen (75% im Westen haben Kontakte, 30% im Osten), was sicherlich auch auf den geringeren Anteil ausländischer Einwohner in den östlichen Ländern zurückzuführen ist (Ganter/Esser 1998, S. 44). Davon haben nur wenige (Westen 40%, Osten 16%) solche Kontakte im eigenen Freundeskreis, die meisten bei der Arbeit (Westen 35%, Osten 13,5%), einige in der Nachbarschaft (27% Westen, 7% im Osten) und die wenigsten in der eigenen Familie (15% Westen, 6% Osten).

Über die Häufigkeit von Kontakten zwischen deutschen und ausländischen Jugendlichen gibt auch die 13. Shell-Jugendstudie Auskunft. Auf die Frage, wie häufig sie mit ausländischen Jugendlichen zu tun hätten, antworten 22% der deutschen Jugendlichen "überhaupt nicht" und 46,9% "weniger häufig". Demnach hat die Mehrheit der deutschen Jugendlichen eher selten Kontakt mit ausländischen Jugendlichen (Shell-Jugendstudie 2000, 222f).

Ganter/Esser (1998, 10) sehen in ihrer Studie einen Zusammenhang zwischen fremdenfeindlichen Tendenzen auf der einen Seite und den Faktoren Bildungsniveau, soziale Lage und persönliche Kontakte zu "Ausländern".

"Ein hohes Bildungsniveau ist offenbar immer noch die stärkste Barriere gegen fremdenfeindliche Orientierungen. Ebenso scheinen eine günstige berufliche Stellung und die damit zumeist einhergehenden Privilegien der sozialen Lage eher positive Haltungen gegenüber ‚Ausländern’ zu begünstigen. Auch persönliche Kontakte zu Immigranten tragen im allgemeinen dazu bei."

Die Autoren warnen allerdings auch davor, daraus zu schließen, dass persönliche Kontakte auf jeden Fall diese positive Wirkung nach sich zögen. Vieles hinge von den spezifischen Bedingungen ab, unter denen die Beziehungen aufgenommen würden. Darin stimmen sie mit früheren Forschungsergebnissen überein, die ebenfalls zu dem Fazit kommen, dass allein der Kulturkontakt nicht zu einer besseren interethnischen Verständigung führt, das hatte Amir bereits 1969 anhand der Kontakthypothese aufgezeigt. Demnach trägt ein interethnischer Kontakt unter folgenden Bedingungen zum Spannungsabbau bei:

1. wenn der soziale Status der Interaktionspartner gleichwertig ist,

2. wenn der Migrant, zu dem der Kontakt hergestellt wird, über einen höheren Status verfügt,

3. wenn ein Sozialklima besteht, das den Kontakt wünscht und forciert,

4. wenn der Kontakt nicht nur gelegentlich stattfindet,

5. wenn er Spaß macht oder Vorteile bringt und

6. wenn bei gemeinsamen funktionellen Arbeiten ein übergeordnetes Ziel angestrebt wird.

Auch spätere Untersuchungen bestätigten diese Ergebnisse. So kommt Thomas zu dem Ergebnis, dass sich interethnische Beziehungen durch Kontakte verbessern, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: Freiwilligkeit des Kontakts, Statusgleichheit, Intensität bzw. Dichte des Kontakts sowie institutionelle bzw. normative Unterstützung des Kontakts (Thomas 1994, 230).

Seitens der Beteiligten unterstützen emotionale Stabilität, Offenheit für neue Erfahrungen und ein geringes Maß an ethnozentrischem Denken den Kontakt (ebenda, 229). Auch Dollase (1999, 288) resümiert im Hinblick auf schulische Lernprozesse, dass die auf Carl R. Rogers personenzentrierter Gesprächsführung basierenden Haltungen der Akzeptanz, Empathie und Kongruenz förderlich für die Entwicklung interethnischer Beziehungen sind. "Interkulturelles Lernen findet, wie auch soziometrische Forschungen gezeigt haben, insbesondere dort statt, wo das Klima entsprechend freundlich ist, wo das kooperative Lernen gefördert wird und wo ein warmherziger und freundlicher Unterrichts- und Erziehungsstil herrscht." Die Betonung der kulturellen Differenzen und die Kategorisierung von Menschen nach ethnischen Merkmalszuschreibungen führe dagegen eher zu Ab- und Ausgrenzungen und vertiefe bereits bestehende "Gräben".

4. Ansätze von Integration und Akkulturation

Neben dem Phänomen der Segregation ethnischer Minderheiten und dem Rückzug einiger Migrantengruppen in die ethnische Gemeinde gibt es zugleich Anzeichen sozialer Integration und Akkulturation.

Ein wichtiger Indikator für integrative Prozesse ist die Zunahme bikultureller Ehen und Partnerschaften. Während der Anteil der bikulturellen Ehen 1985 noch bei rund 5% lag, war 1996 bereits jede sechste Ehe binational (6. Familienbericht 2000, 80). Der Anstieg gemischt-nationaler Ehen gilt als aufschlussreiches Anzeichen für eine verstärkte soziale Integration, da es in der Regel zu einer Annäherung und Verflechtung von Angehörigen unterschiedlicher Ethnien und zu verbindlichen, häufigen und intensiven Kontakten unter den Familienangehörigen kommt. Solche Annäherungen haben vielfach Veränderungen von Verhaltensweisen, Werten, Normen, Einstellungen, Präferenzen, Denk- und Wahrnehmungsweisen auf beiden Seiten zur Folge, was zugleich zu einer stärkeren Einbindung der Angehörigen der Minderheit in die Mehrheitsgesellschaft führt.

Auch im ökonomischen Bereich lässt sich eine Positionierung der Zugewanderten in bestimmten Wirtschaftssektoren feststellen, was sich an der Zunahme von Existenzgründungen und dem wachsenden Anteil von Selbständigen zeigt:

1970: 38.400, 1988: 124.000, 1994: 269.000 ausländische Selbständige (Sen/Goldberg 1996). Nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln beträgt die Anzahl der ausländischen Selbständigen im Jahr 1996 rund 281.000 (Bericht 2000, 135 f). Treibel (1999) sieht darin eher ein Anzeichen für ein sog. ethnic business und eine Folge der Segregation auf dem Arbeitsmarkt. Viele ausländische Arbeitskräfte hätten in den formellen Sektoren des Arbeitsmarkts keine Einstiegschancen und seien gezwungen in die Nischen eines ethnic business auszuweichen. Neben der Problematik, die mit der selbständigen Erwerbstätigkeit von Migranten und Migrantinnen verbunden ist - fehlende betriebs- und marktwirtschaftliche Kompetenzen und unzureichende Beratungs- und Förderangebote - sollte jedoch auch der positive Aspekt dieser Entwicklung gesehen werden. Der wachsende Anteil ausländischer Selbständiger zeigt auch, dass sich die Betroffenen inzwischen ein Segment des ökonomischen Sektors erobert haben, das in keinem Konkurrenz-, sondern Komplementärverhältnis zu den einheimischen Selbständigen steht. Solche Nischen zu entdecken, stellt ebenfalls eine wichtige Strategie zur Behauptung im Wirtschaftssektor dar, ist zum Teil mit innovativen Unternehmensgründungen und der Herausbildung eines neuen Migranten-Mittelstandes verbunden. Festzuhalten bleibt, dass sich Teile der ausländischen Selbständigen erfolgreich auf dem Markt behauptet haben, Milliardenumsätze (die 51.000 selbständigen Türken: 46 Milliarden DM) erwirtschaften und Arbeitsplätze zur Verfügung stellen.

Bei den abhängig Beschäftigten in der Industrie, im Handel und Handwerk kommt vor allem den Gewerkschaften das Verdienst einer Gleichstellungspolitik zu, die in den Betrieben integrierend wirkte. Der hohe gewerkschaftliche Organisationsgrad von Migranten und Migrantinnen gilt als einer der großen Erfolge der deutschen Gewerkschaften. "Es ergibt sich der erstaunliche Befund, dass unter den Migranten die (Ex-)Jugoslawen sowie die Spanier mit 26,0 % bzw. 24,6% höhere Partizipationsquoten aufweisen als die Deutschen mit 21,7%. Auch wenn türkische Migranten am wenigsten stark in Gewerkschaften und Berufsverbänden organisiert sind, liegt ihr Anteil mit 19,6% doch nur geringfügig unter dem der Deutschen" (Forschungsinstitut 1998, 41).

Die Entwicklung der multikulturellen Gesellschaft in Deutschland verläuft daher nicht eindeutig im Sinne von Segregation oder Integration. Es sind durchaus widersprüchliche Trends zu verzeichnen. Es gibt sowohl Anzeichen für Absonderung und Ausgrenzung ethnischer Minderheiten als auch Indikatoren für Annäherungen und soziale Integration.

5. Die anderen sind wie wir - Identitätsmanagement in der Spätmoderne

Ähnlich wie bei der deutschen Bevölkerung hat eine Ausdifferenzierung der ausländischen Population in viele unterschiedliche Gruppen mit divergierenden Voraussetzungen stattgefunden. Diese Gruppen unterscheiden sich u.a. nach Staatsangehörigkeit, ausländerrechtlichem Status, Schichtzugehörigkeit, Geschlechterrolle, Alter/Generation, Sozialisationsverlauf, Einkommen/Vermögen, Bildung, Ansehen, Lebensstilen etc., was die Heterogenität der Migrantenbevölkerung ausmacht und bei den Individuen zu unterschiedlichen Positionen im Gesellschaftsgefüge führt.

Die Gruppe der Allochthonen unterscheidet sich daher in ihrer Heterogenität nicht von der Gruppe der Autochthonen. Identitätsentwürfe in modernen Gesellschaften zeichnen sich durch Einheit in der Vielheit aus. Der Schriftsteller Feridun Zaimoglu wehrt sich daher gegen die üblichen Klischees, mit denen Migranten verortet und klassifiziert werden:"Es sind die Zeiten eingeläutet, in denen jede Abstammung an den persönlichen Lebensentwürfen zerschellt. Jenseits der Zuschreibungsmodelle der Ausländerbetreuungsindustrie, die für sich immer noch das Meinungsmonopol beansprucht, sind die Deutschländer, die eingewanderten und die hier geborenen Türken, nicht nur längst in der bundesdeutschen Gesellschaft angekommen. Sie kämpfen um eigene Spielräume und verweigern den professionellen Ausländerfreunden die Stereotypen mit Wiedererkennungswert. Wir wollen nicht mehr mit Abstammungs- und Verortungsfragen gequält werden.... Die schlichte Wahrheit ist: die Konfliktlinien verlaufen innerhalb der fälschlicherweise als homogen gekennzeichneten Kulturblöcke. Was haben, bitteschön, eine aufgeklärte Alevitin und ein frommer Gebetsvorsteher gemeinsam? Was verbindet einen türkischen Mitarbeiter einer McDonald’s Filiale mit seinem Rentnervater, der die 99 Namen Gottes an seinem Perlenkranz zieht? Durch welchen geheimen Pakt besiegeln eine Münchner Disco-Kurdin und ein Berliner Gemüsehändler die anatolische Verschwörung? Bei näherem Hinsehen entpuppen sich die handelsüblichen Erklärungsmodelle als Zimt und Zober!" (Spiegel reporter 2/2000, 24ff).

In dieser Komplexität und Differenziertheit der Lebensentwürfe unterscheiden sich Migranten durch nichts von der einheimischen Bevölkerung. Heiner Keupp (1999, 294) prägte in diesem Zusammenhang den Begriff der Patchwork-Identität und meinte damit das Bestreben der Menschen, in einer sich fragmentierenden Welt, aus den Erfahrungsmaterialien ihres Alltags verschiedene Facetten patchworkartig zu einer Einheit zusammenzufügen, also in ihr Selbst zu integrieren. Bei aller Vielheit bleibt das Bedürfnis nach Kohärenz und die Suche nach einem authentischen Lebenssinn, nach einem in sich zusammenhängenden Muster von Antworten auf die Frage, wer man denn nun sei. Kohärenz wird von Keupp als ein Prozessgeschehen bezeichnet, der "ständigen Balancierung und Austarierung von Erfahrungen mit der eigenen Handlungswirksamkeit in einer Alltagswelt, die längst nicht immer den eigenen Erwartungen entspricht. Kohärenz ist ein Grundprinzip unserer Innenweltorganisation" (296). Diese Form des Identitätsmanagements ist von allen Individuen in modernen Gesellschaften zu leisten. Feridun Zaimoglu betont in einem Interview (Spiegel, 20.11.2000), er habe sich "nie als ein Pendler zwischen zwei Kulturen gefühlt". Er wusste vielmehr, dass es nicht eine oder zwei, sondern viele Realitäten gibt, in die es qua unterschiedlicher Rollen hineinzuschlüpfen gilt.

Bezeichnenderweise nehmen sich die in der Shell-Studie (2000, 249) beschriebenen deutschen und ausländischen Jugendlichen auch gar nicht als so anders wahr. Allerdings muss man einschränkend feststellen, dass die befragten Türken und Italiener die Ähnlichkeit zu den Deutschen stärker betonen als umgekehrt und dass allerdings bei den jungen Italienerinnen und Türkinnen wiederum Differenzen in den Bereichen Partnerschaft und Sexualität, Essen und Trinken, Kleidung, Familienleben betont werden. Mit Ausnahme der drei Bereiche Familie, Religion und dem intergenerativen Verhältnis erleben sich junge Leute (Deutsche, Italiener, Türken) mehrheitlich als eher ähnlich. Beim Sport werden die höchsten wechselseitigen Ähnlichkeiten registriert, bei der Religion sind die größten Unterschiede im Hinblick auf die muslimische Religion zu verzeichnen. Die Forscher kommen zu dem Resultat: "Offensichtlich überformt und nivelliert der Jugendstatus (das gemeinsam geteilte Jugendleben) den kulturellen ethnospezifischen Status. Italiener und Türken sind nicht einfach Ausländer, sondern zuerst einmal Jugendliche und teilen die jugendtypischen Verhaltensstile" (252). Auch wenn sich deutsche Jugendliche eher abgrenzen als die hier befragten türkischen und italienischen jungen Männer, so gibt es Anzeichen, die Multikulturalität der Gesellschaft als Normalität und sich als Teil dieser Normalität zu begreifen.

Weiterbildung mit jungen Erwachsenen sollte die Betroffenen in ihrer schwierigen Phase der Identitätsbildung unterstützen. Daraus ergeben sich u.a. folgende Aufgaben:

6. Zukunftsaufgaben für die Erwachsenenbildung

Meine Ausführungen sollten deutlich machen, dass interethnische Konflikte auf ein ganzes Bündel unterschiedlicher Faktoren zurückzuführen sind, die sowohl struktureller Natur sind als auch sozialpsychologisch erklärt werden können.

Auf der Handlungsebene erfordern sie daher eine Reihe von unterschiedlichen Interventionen. Pädagogik allein vermag es nicht, die strukturbedingten Ausgrenzungen aufzuheben. Sie vermag bestenfalls diese bewusst zu machen und bildungsmäßig Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Betroffenen, vor allem die zweite und dritte Generation, - besser qualifiziert - in höhere Berufspositionen gelangen und über entsprechende Voraussetzungen für politische Partizipation verfügen.

Interventionen sind daher in allen Bereichen der Gesellschaft erforderlich sowohl im Bereich

Pädagogisches Handeln stellt daher nur einen kleinen Ausschnitt gesellschaftlich notwendigen Handelns mit begrenzter Wirkung dar und sollte sich deshalb erst gar nicht - etwa gegenüber der Politik - in eine Rechtfertigungshaltung abdrängen lassen. Allerdings sollte das nicht zu einer resignativen Haltung oder zu einem Rückzug führen. Gerade die Erwachsenenbildung kann pädagogische Situationen herstellen, die den Kontakt zwischen Angehörigen der Mehrheit und der Minderheiten fördern, Foren des Austauschs schaffen, Möglichkeiten zum Spracherwerb, zur Nachqualifizierung und Weiterbildung anbieten.

An diesem Punkt erweist sich staatliches Handeln als förderlich, das die Bedingungen verbessert, unter denen interethnische Kontakte unterstützt werden. Neben erleichterten Bedingungen für eine Einbürgerung gehören dazu u.a. ein konsequentes Vorgehen gegen diskriminierende Tendenzen gegenüber Minderheiten, eine Förderung der Minderheitenkulturen, ein Abbau beruflicher Benachteiligungen, eine Verbesserung der Erziehung, Bildung und Ausbildung von Migrantenkindern und Jugendlichen und die Weiterentwicklung einer interkulturellen Pädagogik, eine Integration von MigrantInnen in Institutionen der Erwachsenenbildung sowie Maßnahmen der beruflichen Umschulung und Fortbildung.

Staatliches Handeln hat daher interkulturelle Austauschprozesse in der Bevölkerung systematisch, d.h. zielorientiert und methodisch zu fördern. Im Rahmen von Bildungsprozessen fällt dabei einer interkulturellen Pädagogik und dem interkulturellen Lernen in Gruppen eine besondere Bedeutung zu.

Für die Erwachsenenbildung ergeben sich daraus unterschiedliche Aufgaben:

Untersucht man die Angebotsstruktur in Einrichtungen der Erwachsenenbildung, so wird deutlich, dass die o.a. Aufgaben und Handlungsfelder nach wie vor nur ein schmales Segment in den Programmen ausmachen, ihre Weiterentwicklung stellt daher eine Zukunftsaufgabe für die Erwachsenenbildung dar.

Literatur

Amir, Yehuda: Contact hypothesis in ethnic relations. In: Psychological Bulletin, Vol. 71/ No. 5, 1969, S. 319-342.

Beck, Ulrich: Was ist Globalisierung? Irrtümer des Globalismus - Antworten auf Globalisierung. 5. Aufl. Frankfurt a.M. 1998.

Beck, Ulrich (Hrsg.): Perspektiven der Weltgesellschaft. Frankfurt a. M. 1998.

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Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Ausländerfragen über die Lage der Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland. Februar 2000. In: Mitteilungen der Beauftragten der Bundesregierung für Ausländerfragen (Hrsg.). Berlin/Bonn 2000

Besemer, Christoph: Mediation. Vermittlung in Konflikten. Eine Veröffentlichung der Stiftung Gewaltfreies Leben (Königfeld) und der Werkstatt für Gewaltfreie Aktion, Baden (Heidelberg-Freiburg). 4. Aufl. 1997.

Borelli, Michele: Hermeneutisch-dialektische Rekonstruktion interkultureller Pädagogik. In: Borelli, M. (Hrsg.): Deutsche Gegenwartspädagogik. Baltmannsweiler 1993, S. 59 -68.

Breidenstein, Lothar/ Kiesel, Doron/ Walther, Jörg (Hrsg.): Migration, Konflikt und Mediation. Zum interkulturellen Diskurs in der Jugendarbeit. Frankfurt a. M., Haag/Herchen 1998.

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Familien ausländischer Herkunft in Deutschland. Leistungen. Belastungen. Herausforderungen. 6. Familienbericht. Berlin 2000.

Deutsche Shell (Hrsg.): Jugend 2000. Band 1 und 2. Opladen 2000.

Dollase, Rainer: Pädagogische Strategien des interkulturellen Lernens. Strategien zwischen kulturellem Essentialismus und Ethnizitätsblindheit. In: Dollase, Rainer u.a. (Hrsg.): Politische Psychologie der Fremdenfeindlichkeit. Opfer - Täter - Mittäter. Weinheim/München 1999, S. 279 - 292.

Fischer, Veronika/ Schneider - Wohlfart, Ursula: Interkulturelle Weiterbildung in Nordrhein-Westfalen. Ergebnisse einer schriftlichen Befragung 1994. In: ZEP, Heft 3/1996.

Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.): Die soziale und politische Partizipation von Zuwanderern in der Bundesrepublik Deutschland. Bonn 1998.

Ganter, Stephan (in Zus. mit Esser, Hartmut): Ursachen und Formen der Fremdenfeindlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland. Hrsg. v. Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung. Bonn 1998.

Greverus, Ina-Maria: Die anderen und ich. Vom Sich Erkennen, Erkannt- und Anerkanntwerden. Kulturanthropologische Texte. Darmstadt 1995.

Keupp, Heiner u.a.: Identitätskonstruktionen. Das Patchwork der Identitäten in der Spätmoderne. Reinbek bei Hamburg 1999.

Mehrländer, Ursula/ Ascheberg, Carsten/ Ueltzhöffer, Jörg: Repräsentativuntersuchung ‘95: Situation der ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen in der Bundesrepublik Deutschland (im Auftrag des Bundesmin. für Arbeit und Sozialordnung) Forschungsbericht 263. Bonn 1996.

Memmi, Albert: Rassismus. Frankfurt a.M. 1987.

Seibel, Jakob Solidarisch leben: Unterrichtsmaterialien. Lichtenau/Göttingen 1994.

Thomas, Alexander: Können interkulturelle Begegnungen Vorurteile verstärken? In: A. Thomas (Ed.): Psychologie und multikulturelle Gesellschaft. Göttingen/ Stuttgart 1994, S. 227-238.

Treibel, Annette: Migration in modernen Gesellschaften. Soziale Folgen von Einwanderung, Gastarbeit und Flucht. 2. völlig neubearb. und erw. Aufl. Weinheim/München 1999.

 

Warum ist die Auseinandersetzung mit Fragen der Einwanderungsgesellschaft unabdingbar, und warum eröffnet sich hier ein Zukunftsfeld für die Erwachsenenbildung?

... weil Einwanderung ein irreversibler Tatbestand ist und auch künftig zur gesellschaftlichen Normalität gehören wird, folglich auch im Zusammenhang mit Globalisierung und gesellschaftlichen Differenzierungsprozessen Thema der Erwachsenenbildung sein muss.

... weil ein internationaler Arbeitsmarkt veränderte Anforderungen an die Mobilität und Qualifikation der Arbeitskräfte stellt und bspw. "interkulturelle Kompetenz" abverlangt.

... weil in einer Zivilgesellschaft die Wahrnehmung und das Unrechtsbewusstsein für Prozesse der Exklusion und Ungleichbehandlung von Migranten geschärft werden muss (Ausschluss vom Wahlrecht, von der Verbeamtung etc.), was die politische Bildung vor neue Herausforderungen stellt.

... weil die multikulturelle Gesellschaftsstruktur unterschiedliche, sich teilweise widersprechende Interessen, Ansprüche und Erwartungen von Individuen und Gruppen birgt, für die es angemessene Formen der Konfliktregelung und Konsensbildung (etwa in Form der Konfliktmediation, Moderation, Streitschlichtung) geben muss.

... weil die "fremden anderen" vielfach benutzt werden, um Aus- und Abgrenzungen vorzunehmen, verbunden mit Diskriminierung, Ethnozentrismus, Rassismus, Aggression und Gewalt, was mit neuen Herausforderungen an politische Aufklärung und Bildung, Prävention, Deeskalation, Krisen- und Konfliktmanagement verbunden ist.

... weil Menschen mit Migrationshintergrund unterstützende Angebote zur Orientierung, Bildung und beruflichen Qualifizierung sowie zur Partizipation und Etablierung in der Aufnahmegesellschaft brauchen und Orte für ihre kulturelle Selbstdarstellung benötigen.

... weil die sozialkulturelle Heterogenität der Gesellschaft das einzelne Individuum immer wieder zwingt, sich neu zu verorten, was mit entsprechenden Anforderungen an das Identitätsmanagement verbunden ist und durch biographische Selbstreflexion unterstützt werden sollte.


Veronika Fischer: Leben mit anderen. Einführungsreferat zum DIE-Forum Weiterbildung 2000 "Zukunftsfelder der Weiterbildung". Online im Internet – URL: http://www.die-frankfurt.de/esprid/dokumente/doc-2001/dieforum_fischer_01.htm
Dokument aus dem Internet-Service Texte Online des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung e. V. – http://www.die-frankfurt.de