Horst H. Hopmann, Arbeit und Leben Hamburg e.V., Dezember 2000


Leben mit anderen

Statement zum DIE-Forum Weiterbildung 2000 "Zukunftsfelder der Weiterbildung"

 

Zehn Thesen

1. Leben mit anderen heißt, das andere zu akzeptieren, heißt Offenheit gegenüber anderen/m und neuem, setzt die Bereitschaft zur Auseinandersetzung im Sinne gelebter Demokratie voraus. Die anderen, das andere meint andere Kulturen, anderes Aussehen, Minderheiten und auch andere Lebensentwürfe. Leben mit anderen heißt, all dieses aktiv zu bejahen und zu akzeptieren und nicht nur zu tolerieren.

2. Im oben genannten Sinne spiegelt der Umgang mit den/m anderen die Demokratisierung einer Gesellschaft wieder. Für den Umgang mit den/m anderen ist ein fremdenfreundliches Klima in der Gesellschaft entscheidend.

3. Rechtsradikalismus und Gewaltbereitschaft gegenüber den/m anderen ist keine temporäre gesellschaftliche Erscheinung, sondern in mehr oder minder großen Teilen der Bevölkerung (z.B. in Teilen des Kleinbürgertums und des Arbeitermilieus) allgegenwärtig.

4. Rechtsradikalismus, Gewaltbereitschaft und Fremdenfeindlichkeit gedeihen dort besonders gut, wo sie sich ohne Störung entwickeln können und streitbare Demokratie und eine Kultur der Zivilcourage ein "Fremdwort" ist.

5. Akzeptanz und Verharmlosung von Rechtsradikalismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewaltbereitschaft schaffen kein Klima einer gesellschaftlichen Gegenbewegung. Politiker und gesellschaftliche Repräsentanten, die am Asylrecht rütteln und soziale und ökonomische Probleme in Deutschland mit dem Zuzug von Ausländern in einem Zusammenhang stellen, begünstigen ein Klima der Ausgrenzung und Gewalt.

6. Weiterbildung/Politische Bildung muss sich der Herausbildung eines gesellschaftlichen Klimas von Akzeptanz, Offenheit und demokratischer Auseinandersetzung stellen. So verstandene Weiterbildung kann nicht reine Qualifizierung im Sinne beruflicher Verwertbarkeit sein.

7. Die Politische Bildung allein ist mit der Aufgabe des "Politischen" in der Weiterbildung überfordert. Eine neue Ganzheitlichkeit, das Aufeinanderzudriften ehemals getrennter Funktionsbezüge im Sinne einer Integration ist gefordert. Faulstich spricht hier von arbeitsorientierter-politikbezogener Bildung und zitiert Klafki: "Bildung muss in diesem Sinne zentral als Selbstbestimmungs- und Mitbestimmungsfähigkeit des einzelnen und als Solidaritätsfähigkeit verstanden werden" (Klafki 1985, 17).

8. Die Institutionen der Politischen Bildung haben bei der Entwicklung interaktiver Weiterbildungskonzeptionen und Netzwerke eine besondere Verantwortung. Weiterbildungseinrichtungen müssen sich an der gesellschaftspolitischen Relevanz ihrer Arbeit z.B. an der Erreichung jüngerer Zielgruppen messen lassen.

9. Gesetzliche und bürokratische Hürden, die integrative Weiterbildungskonzeptionen verhindern, müssen abgebaut werden. Die Gesetzgeber auf Bundes- und Landesebene, die Arbeitsverwaltung und die zuständigen Bundes- und Länderbehörden haben bisher viel zuwenig Schranken beseitigt.

10. Die Einrichtungen der Politischen Bildung müssen sich stärker von "althergebrachten" Konzeptionen und Inhalten trennen bzw. diese mit anderen Weiterbildungsdisziplinen verzahnen. Netzwerke, die integrative Konzepte der politischen und beruflichen sowie kulturellen und allgemeinen Weiterbildung und den Ausbau der transnationalen Weiterbildung organisieren, müssen gefordert und besonders gefördert werden. Wenn Weiterbildung zum positiven Klima für ein "Leben mit anderen" beitragen will, muss das Zitat von Klafki in die Tat umgesetzt werden.


Horst H. Hopmann: Leben mit anderen. Statement zum DIE-Forum Weiterbildung 2000 "Zukunftsfelder der Weiterbildung". Online im Internet – URL: http://www.die-frankfurt.de/esprid/dokumente/doc-2001/dieforum_hopmann_01.htm
Dokument aus dem Internet-Service Texte Online des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung e. V. – http://www.die-frankfurt.de